Kritik zu Alle Katzen sind grau

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Der belgische Komödienstar Bouli Lanners in einer melancholischen Rolle: Als Privatdetektiv spioniert er seiner eigenen Tochter hinterher, die von seiner Existenz nichts weiß

Bewertung: 3
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3 (Stimmen: 1)

Ein einsamer, trauriger Detektiv, der, stets den Fotoapparat im Anschlag, seiner eigenen Tochter wie ein Schatten folgt: Man denkt sofort an Michel Serrault in Claude Millers makabrem Thriller »Das Auge« von 1983 und seine Reise in mörderische Gefilde. Die Abgründe in Savina Dellicours Spielfilmdebüt »Alle Katzen sind grau« sind nicht ganz so tief, der von Bouli Lanners gespielte Privatdetektiv ist nicht so verzweifelt wie Millers Protagonist und auch etwas jünger. Doch trotz des meist leichten Tonfalls birgt auch diese Geschichte ihre dunklen Zonen. So kreist sie immer wieder um eine Partynacht, die in verwischten, fragmentarischen Bildern in die Gegenwart des Films einbricht. Damals wurde die inzwischen 15-jährige Dorothy gezeugt, und ihre Mutter Christine erschrickt jedes Mal, wenn sie an diese Nacht erinnert wird. Dass an der offiziellen Geschichte der Familie etwas nicht stimmt, dass der Mann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater ist, ahnt Dorothy längst. Das Schweigen und Abwiegeln Christines stürzt das Mädchen immer tiefer in eine Krise.

Der Endvierziger Paul hingegen weiß, dass er ihr Vater ist, und nutzt seine detektivischen Fähigkeiten, Dorothys Heranwachsen aus der Ferne zu beobachten – mit Teleobjektiv aus seinem alten BMW heraus. Zufällig lernen sie sich eines Tages kennen, und da er nicht mit offenen Karten spielt, kommt es zum absurden Auftrag: Der Vater soll sich selbst ausfindig machen.

Das komödiantische Potenzial der Dreieckskonstellation zwischen Lügen und Geheimnissen reizt der Film nie aus, darum geht es ihm offensichtlich auch nicht. Stattdessen porträtiert er einfühlsam und liebevoll seine Protagonisten: den sanften, schluffigen Paul, einen Unbehausten, der wohl nie ganz erwachsen geworden ist; die rebellische Dorothy, deren Verstörung sich dank der starken Darstellung von Manon Capelle sehr glaubwürdig vermittelt, und die verschlossene Christine (Anne Coesens). Pointiert sezieren die Regisseurin und ihr Koautor Matthieu De Braconier bürgerliche Gepflogenheiten, wenn die Mutter etwa statt auf die existenziellen Fragen ihrer Tochter einzugehen, das Gespräch hin zu Kleidern lenkt, stets auf den schönen Schein der Familie bedacht. Besonders in solchen intimen Momenten, in Zweiergesprächen glänzt der Film mit emotionaler Vielschichtigkeit.

Dagegen kann manche Konstruktion des Plots kaum überzeugen. So fügen sich viele schöne Elemente nicht zum stimmigen Ganzen. Hier die emotionale Coming-of-Age-Geschichte, da etwas detektivisches Gepuzzel, gelegentlich eine Szene Boulevardkomödie und immer wieder der sarkastische, gelegentlich an Chabrol erinnernde Blick hinter die Kulissen der Bourgeoisie. Vor allem zum Ende hin soll dann aber auch der Feel-Good-Faktor ausgespielt werden. Der feine Soundtrack, der vorwiegend mit Punksongs aus Pauls Jugend bestückt ist und die rebellische Seite sowohl des Detektivs als auch Dorothys unterstreicht, kann leider nur phasenweise für Zusammenhalt und Drive sorgen. Schade, denn »Alle Katzen sind grau« ist ein grundsympathischer, im Einzelnen sehr charmanter Film.

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