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Gerhard Midding

Vor anderthalb Wochen, als ich etwas Zeit zwischen zwei Vorführungen in der Cinémathèque hatte, musste ich noch einmal an Pierre Étaix denken. Im Parc de Bercy wurde ich Zeuge eines kleinen Auftritts, der ihm zweifellos gefallen hätte. Am gegenüberliegenden Ufer des Teichs, an dem ich mich mit meinem Notizblock niedergelassen hatte, entdeckte ich eine junge, grazile Frau, die zutrauliche Enten und drängelnde Tauben fütterte. Neben ihr im Gras lag ein schwarzweiß gestreifter Reifen und ich war gespannt, was sie mit ihm anfangen würde.

Gerhard Midding

Im Frühling 1936 kam es am Ufer der Marne zu einem denkwürdigen Streit. Charles Vanel, einer der Hauptdarsteller des Films, der hier entstand, verweigerte die Arbeit. Als guter Katholik wollte er nicht am Ostermontag drehen. Seinem Regisseur Julien Duvivier hingegen war der Feiertag nicht heilig. Der Krach muss ebenso heftig gewesen sein wie die Zwistigkeiten zwischen Don Camillo und Peppone (allerdings bestimmt weniger ulkig), den Helden von Duviviers berühmtestem Film. Aber diesmal setzte sich der Atheist durch.

Gerhard Midding

"I am at the Hospital, at the moment; nothing serious." lautet die Nachricht, die er vor genau einer Woche auf dem Anrufbeantworter meines Freundes Michael Omasta in Wien hinterließ. Dieses Lebenszeichen endete mit einem herzlichen Gruß in seiner Muttersprache: "Servus!"

Gerhard Midding

Zuweilen passiert es, dass mir etwas, das ein Filmemacher sagt, lebhafter in Erinnerung bleibt als der Film, über den er es sagt. In den 80er Jahren beispielsweise las ich in der US-Zeitschrift »Film Comment« ein Interview mit der französischen Regisseurin Diane Kurys, die über die kathartische Wirkung sprach, die ihre bisherigen Filme hatten. Sie reflektierten ihre unglückliche Kindheit und komplizierten Familienverhältnisse. Und dann fügte sie den unvergesslichen Satz hinzu: »Filming well is the best revenge.«

Gerhard Midding

Das Schöne am Reisen ist, dass unsere Pläne mit Sicherheit durchkreuzt werden. Was man sich auf dem Hinweg vorgenommen hat, kann bis zur Rückkehr längst hinfällig geworden sein. Was hätte es auch für einen Sinn sich an einen fernen Ort zu begeben, um dort ein Plansoll zu erfüllen?

Gerhard Midding

Verzaubert eine Stadt die Menschen, die sie besuchen? Oder sind es umgekehrt die Menschen, die sie verzaubern? Ich vermute, die vorherrschende Meinung über Paris ist ziemlich eindeutig. Die Einwohner der Seine-Metropole werden gern als kühl und herablassend beschrieben. Der Besucher fragt sich, ob sie ihre Stadt überhaupt verdient haben.

Gerhard Midding

In Görlitz widersetzen sich die Ablagerungen der Geschichte ihrem Verschwinden stärker als anderswo. Wie wir gestern feststellen konnten, macht dies das Kinoglück der Stadt aus. An einer Mauer in der Bergstraße etwa prangt eine Aufschrift, die partout nicht verschwinden will - auch wenn die Überzeugungen, die sich mit ihr verbinden. längst verblasst sind.

Gerhard Midding

Vor ein paar Tagen erzählte mir eine geschätzte Kollegin von ihren Erlebnissen in Venedig. Ich wusste, dass sie wie viele Journalisten bereits ein paar Tage vor Festivalbeginn anreist, weil es da bereits Pressevorführungen gibt. Neu war aber für mich die Erkenntnis, dass es am Vortag der offiziellen Eröffnung auch eine inoffizielle gibt.

Gerhard Midding

Es ist nicht das Ende der Welt, sondern, recht eigentlich betrachtet, nur eine Kleinigkeit. Aber in Frankreich hat diese Nachricht dennoch erheblich Wellen geschlagen: Xavier Dolan verkündete in der Huffington Post, dass sein nächster Film nicht im nächsten Jahren in Cannes laufen wird.

Gerhard Midding

Wenn sich Filmhistoriker treffen, werden gern Anekdoten ausgetauscht. Oft handeln sie von der Begegnung mit charismatischen Gestalten, mit temperamentvollen Filmemachern oder den verschlagenen Gründern von Kinematheken. Ebenso oft handeln sie von verblüffenden Entdeckungen, die im Dunkel der Archive geschahen. Nach meiner Einschätzung passiert das heute etwas seltener. Die Erinnerung an solch heroische und abenteuerliche Epochen erlischt allmählich, die persönliche Verbindungen an sie brechen fort.