DVD-Tipp: »Der Dialog« (1974)

 Vor 50 Jahren senkte sich die Kamera über den wuselnden Menschen auf dem Union Square in San Francisco und nahm einen Pantomimen in den Blick, der sich an verschiedene Passanten heftet. Einer, dessen Haltung und Bewegungen er imitiert, ist ein Allerweltsmann im grauen Plastikregenmantel, zu dessen Beruf es gehört, unsichtbar zu sein: Harry Caul, gespielt von Gene Hackman kurz nach seinem French Connection-Erfolg, ist Abhörspezialist. Mit seinem Team im Lieferwagen und an verschiedenen Positionen auf dem Platz überwacht er ein junges Pärchen, versucht mit hochempfindlichen Mikrofonen, ihr Gespräch aufzuzeichnen. 

Es ist eine tänzerische Choreographie, deren Bedeutung rätselhaft bleibt, die unter denselben Bedingungen gedreht wurde, unter denen Harry abhört, heimlich auf einem dicht bevölkerten Platz. Harrys Beruf erfordert Diskretion und Neutralität, die mit wachsendem Zweifel ausgehebelt werden. Was bewirkt sein Einsatz, worin hat er sich verwickelt? Immer wieder spult er das analoge Band in seinem Workshop vor und zurück, bearbeitet und reinigt die Aufnahme, kitzelt akribisch immer mehr Informationen heraus, besessen davon, zu verstehen, was er hört, die Teile des Puzzles zusammenzusetzen, während seine Auftraggeber alles tun, um zu vertuschen. 

So variiert Coppola auf der Tonspur, was Antonioni zuvor in Blow-Up auf der Bildebene tat: Wie verändert sich das Gehörte in vielfachen Wiederholungen, durch neue Informationen? Im Bonusmaterial erzählt der legendäre Cutter Walter Murch von der Entstehung des Paranoia-Filmklassikers, den Coppola nur finanziert bekam, weil er dem Studio den »Paten II« versprach. 

Im Audiokommentar erinnert sich der Regisseur, wie das Team bei den Dreharbeiten vom Abhörskandal der Watergate-Affäre eingeholt wurde. Besonders berührend ist ein Interview, das Gene Hackman am Set gegeben hat. Man spürt, dass sich der scheue Schauspieler dabei ähnlich unwohl fühlt wie sein Harry Caul unter der Beobachtung des Pantomimen.

Der Dialog USA 1974. R: Francis Ford Coppola. Da: Gene Hackmann, John Cazale, Allen Garfield, Frederic Forrest, Cindy Williams, Michael Higgins. Anbieter: Arthaus/Studiocanal.

VÖ: 18. Juli 2024

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