DVD-Tipp: »Elenore« (1975)

Erste Szene: Geschwind wie der Wind reitet Ritter Richard über die Ebene zu seinem Schloss; mit den Wegelagerern, die ihnen auflauern, macht er kurzen Prozess. Doch Eleonore, seiner Frau, bei einem Reitunfall schwer verletzt, ist nicht mehr zu helfen; zur Strafe tötet der Ritter das Pferd und heiratet noch am Tag der Beerdigung Catherine, eine blutjunge Schöne aus dem Dorf. 

Die schenkt dem verzweifelt Trauernden sogar zwei Söhne, kann ihn aber nicht aus seiner tiefen Melancholie holen. Schließlich geht Richard einen Pakt mit einer zwielichtigen Gestalt ein, die unschwer als Teufel zu identifizieren ist, und ein schreckliches Unheil nimmt seinen Lauf. Das Ganze ereignet sich passenderweise im Mittelalter und vor dem Hintergrund einer im Land wütenden Pestepidemie.

Bei seinem Erscheinen 1975 wurde »Eleonore« als Vampir-, gar als Horrorfilm beworben und fiel durch. Die Enttäuschung war vorprogrammiert, denn weder sieht man die Titelheldin ihre Beißer in eine Halsschlagader versenken, noch packt einen angesichts der sich gemächlich entfaltenden Geschehnisse das nackte Grauen. Wer sich jedoch frei machen kann von der Erwartung genretypischer Machinationen, dem bietet sich hier ein höchst faszinierendes Werk. Mit reizvoller Ruppigkeit erzählt Regisseur Juan Luis Buñuel, Sohn des berühmten Luis Buñuel, vom den Tod nicht achtenden Begehren und entfaltet in karger Landschaft allerhand psycho-physische Wirrsal, die von Ennio Morricones Score effektvoll und mit unheimlicher Wirkung akzentuiert wird.

Das heiße Herz dieses Films aber ist Michel Piccoli, der in der Rolle des trauernden Ritters die animalisch-primitive Seite seiner Figur aus »Themroc« (1973) wiederauferstehen lässt. Während Liv Ullmann als Eleonore das Klischee der nordisch unterkühlten Schönheit mit dämonischer Grausamkeit auflädt und Ornella Mutis junge Unschuld Catherine all ihre Sinnlichkeit nicht aus der Machtlosigkeit retten kann. Ein Schauerstück in bester Gothic-Manier, das rehabilitiert und neu bewertet werden muss.

Eleonore E/F/I 1975 R: Juan Luis Buñuel. Da: Liv Ullmann, Michel Piccoli, Ornella Muti, Antonio Ferrandis, José María Caffarel, Ángel del Pozo. Anbieter: Pidax.
VÖ: 15. September 2023

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