Film des Monats Februar: »Kabul, City in the Wind«

© Jip Film

2018
Original-Titel: 
Kabul, City in the Wind
Filmstart in Deutschland: 
18.11.2021
L: 
88 Min
FSK: 
12
Empfohlen von der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Ein Busfahrer singt ein wehmütiges Lied: »Das ist unser geliebtes Land. Das ist Afghanistan.« Zwei kleine Jungen sitzen auf einem Dach, den Rücken der Kamera zugewandt. Sie blicken hinab auf die Millionenstadt Kabul, ein farbentleertes Betonmeer, vor ihnen in der Ebene. Wenn sie nicht gerade den Sandstaub vom Dach ihres Hauses kehren oder die dürren Bäume davor gießen, erzeugen sie mit den anderen Dorfkindern klangvolle Töne, indem sie Steine gegen die blecherne Wand eines abgewrackten Panzergehäuses schmettern. Afshin träumt davon, einmal Ingenieur zu werden, sein jüngerer Bruder Benjamin will Polizist werden. Doch was ist das für ein Leben, was für eine Zukunft, wenn der Begriff »Selbstmordattentäter« wie selbstverständlich zum Wortschatz eines Elfjährigen gehört? Die Bedrohung durch Krieg und Gewalt bestimmt aller Leben, das der Kinder wie das der Erwachsenen. »Wenn ich auf mein Leben zurückblicke«, resümiert der Busfahrer Abas, der vor lauter Schulden die Instandhaltung seines Busses nicht bezahlen kann und am Ende Bus und Arbeit verliert, »waren nur zehn Prozent davon friedlich.« 

Ein im Film wiederkehrendes Bild ist der Friedhof mit den Gräbern der Toten, die 2016 bei einem Selbstmordanschlag in Kabul ihr Leben verloren. Entlang der von Geröll umgebenen Grabstätte flattern Fahnen im Rot und Grün der afghanischen Landesfarben lautstark im Wind. Dem in Afghanistan geborenen Regisseur Aboozar Amini, der als Kind in die Niederlande kam und dort ein Filmstudium absolvierte, ist ein eindrucksvoller Dokumentarfilm gelungen. Mit seinen losen Erzählsträngen wirkt der Film wie eine Collage. Dicht bleibt er an den Menschen, die er porträtiert, den beiden Jungen und dem Busfahrer. Er schildert Geschichten von gewöhnlichen Menschen und ihrer Bewältigung des Alltags in einem von Krieg und Gewalt gezeichneten, instabilen Land. Die sorgfältig komponierten Bilder entfalten bei aller Trostlosigkeit der Lebensverhältnisse eine poetische Kraft; sie prägen sich ebenso tief ein wie die Blicke der Kinder, die sich unmittelbar auf den Betrachter richten.

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