Streaming-Tipp: »Space Force«
Steve Carell in »Space Force« (Serie, 2020). © Netflix
Weil die Zustände auf unserer Erde dieser Tage bisweilen so absurd sind, wie man es kaum einem Drehbuch abkaufen würde, zieht es aktuell offensichtlich immer mehr Comedy-Autoren Richtung Weltraum. Den Anfang machte Armando Iannucci mit »Avenue 5«, nun folgt ihm – als Hauptdarsteller und Co-Schöpfer – Steve Carell mit »Space Force«.
Anders als in »Avenue 5« befinden wir uns in »Space Force« allerdings im Hier und Jetzt – und der Weg ins All ist eher das Ziel als tatsächlich greifbare Realität. »Boots on the Moon by 2024« jedenfalls ist die Forderung des dauerhaft tweetenden US-Präsidenten, dessen Name hier nie genannt wird. Statt, wie gehofft, zum Chef der Air Force wird General Mark R. Naird (Carell) daher zum ersten Leiter der neu als Teil der amerikanischen Streitkräfte etablierten »Space Force« ernannt. Die finanziellen Mittel, die ihm bei seiner Mission im frisch aus dem Boden gestampften Hauptquartier in der Wüste Colorados zur Verfügung stehen, sind beträchtlich. Doch das macht den Arbeitsalltag nicht unbedingt einfacher, in dem auch ein arroganter Chefwissenschaftler (John Malkovich) und ein übereifriger PR-Mitarbeiter (Ben Schwartz) mitmischen, während zu Hause schlecht gelaunt die Teenagertochter Erin (Diana Silvers aus »Booksmart«) wartet.
Basierend auf einer sehr realen Prämisse (vergangenen Dezember nahm die von Trump etablierte United States Space Force endgültig ihren Betrieb auf), reiht sich »Space Force« ein in ein klassisches Subgenre des komödiantischen Erzählens: die Workplace-Comedy. Die Vergleiche zu »30 Rock«, »Silicon Valley« oder »Veep« liegen auf der Hand, ganz zu schweigen natürlich von den herrlich komischen Arbeitsplatzbanalitäten in »The Office«. Kein Wunder, schließlich hat sich Carell hier wieder mit Greg Daniels zusammengetan, der damals auch schon für die US-Version der Büroalltags-Sitcom (und anschließend bei »Parks & Recreation«) verantwortlich zeichnete.
General Naird, der die ihm zur Verfügung stehenden Satelliten schon mal dazu nutzt, seine demente Mutter auf dem Supermarktparkplatz zu lokalisieren, ist nun nicht einfach nur ein Wiedergänger von Michael Scott, aber gewisse Parallelen der beiden Carell-Figuren sind nicht von der Hand zu weisen. Der Space-Force-Chef – für den Schauspieler nach eher dramatischen Auftritten in »The Morning Show«, »Beautiful Boy«, »Vice« oder »Willkommen in Marwen« die erste Comedy-Rolle seit einigen Jahren – ist jedenfalls in seinem Job weder besonders sachkundig noch allzu glücklich und obendrein umgeben von Mitarbeitern, die sich in schöner Regelmäßigkeit als entweder deutlich besser qualifiziert oder im Gegenteil reichlich unfähig erweisen. Auch der Tonfall des Humors ist in »Space Force« ähnlich gelagert, nicht zuletzt was die Beiläufigkeit und nie zu weit getriebene Überhöhung der Absurdität angeht.
Ob die Serie, deren erste Staffel aus zehn Folgen (inszeniert u.a. von »Paddington«-Regisseur Paul King) besteht, ein ähnlich langlebiger Kulterfolg wird wie »The Office«, bleibt allerdings abzuwarten. Die Qualität und Dichte der Gags – die von Astronauten-Schimpansen, Beach-Boys-Songs und Kompetenzgerangel bis hin zu einer First Lady mit Interesse an Uniform-Design oder einer »wütenden jungen Kongress-Abgeordneten« mit den Initialen AOC reichen – ist bislang jedenfalls schwankend. Am überzeugendsten ist »Space Force« immer dann, wenn die Serie sich nicht bloß auf Naird (oder seine Tochter) konzentriert, sondern die Qualitäten als Ensemble-Komödie ausspielt. Schon allein, weil sich in (teilweise wiederkehrenden) Gastrollen unter anderem Noah Emmerich und Comedy-Asse wie Fred Willard, Jane Lynch oder – als Nairds Ehefrau – Lisa Kudrow die Ehre geben. Gegen mindestens eine zweite Staffel wäre nicht zuletzt ihretwegen rein gar nichts einzuwenden. Schließlich musste ja auch »The Office« zunächst ein paar Holprigkeiten hinter sich bringen, bis die Serie zu großer Form auflief.
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