Film des Monats Januar " Eine Taube sitzt auf einem Dach und denkt über das Leben nach"
In 39 Szenen denkt der Film über das Woher und Wohin des Lebens nach. Er wird eröffnet durch drei Begegnungen mit dem Tod: Ein Mann erleidet einen Herzinfarkt, während seine Frau das Abendessen zubereitet und nichts bemerkt. Eine alte Frau umklammert auf dem Sterbebett eine Handtasche voller Schmuck, den ihre Söhne an sich zu bringen versuchen. Ein Passagier auf einer Fähre liegt tot in der Cafeteria neben dem gerade bezahlten Menü. Die Kassiererin fragt, ob jemand das Essen möchte, es sei gratis. Diesem Anfang zum Trotz versuchen Sam und Jonathan, zwei Handlungsreisende für Scherzartikel, so beharrlich wie vergeblich, ihre Waren zu verkaufen. Dabei werden traumartige Bilder aus Gegenwart und Vergangenheit lebendig, die von Begierde und Macht, von gescheiterten Existenzen und unbeantworteten Fragen erzählen. Die oft wiederholte Floskel »Es freut mich zu hören, dass es dir gutgeht« verdeckt nur für den Moment die tiefe Verletzlichkeit und Unsicherheit des Menschen. Sein Leben bleibt erhaben und absurd, trivial und bedroht zugleich.
In exakt komponierten Arrangements entwirft der Film eine Folge philosophischer Denkbilder, die das Publikum zur Betrachtung über das eigene Leben bewegen. Das Tragische und das Komische verschmelzen zu einem Panorama, das vom Respekt gegenüber allem menschlichen Dasein zeugt. Inspiriert ist der Film von Malern wie Dix, van Gogh, Brueghel dem Älteren oder Hopper, die in ihren Werken den Tiefenschichten der menschlichen Existenz nachspüren. Auch Sam und Jonathan haben ihre kulturellen Vorbilder, etwa in Laurel und Hardy oder Don Quijote und Sancho Pansa. Anspielungsreich und pointiert, melancholisch und gleichzeitig voller Witz entsteht eine hinreißende existenzielle Meditation über den Sinn des Lebens: lakonisch, alltäglich, mit allen Missverständnissen und Fehlern, zum Lachen und Mitfühlen, dabei voller Wahrheit. Der oft erniedrigte, beleidigte und misshandelte Mensch erhält in Roy Anderssons Film eine Würde, die von einer in ihrem Eigensinn unbeirrbaren künstlerischen Energie ausgeht.
Start am 1.1.
... zur Filmkritik von Andreas Busche
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