Kritik zu West is West

© Kool

Nach zwölf Jahren findet der britische Publikumshit »East is East« eine Fortsetzung, die in der Originalheimat der Familie spielt, wohin George »Genghis« Khan (wieder von Om Puri verkörpert) Sohn Sajid bringt

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1999 ging es in »East is East« um die Probleme, die die pubertierenden britischen Jungs mit ihrem pakistanischen Vater und seinem rigiden Traditionsbewusstsein in der nordenglischen Kleinstadt Salford hatten. Aus der Reibung zwischen allgemeingültigen Immigrantenproblemen und individuellem Zeit- und Ortskolorit, zwischen englischer Arbeiterklasse und indisch-pakistanischer Kultur schlug der Film ebenso komische wie herzzerreißende Funken. Die Geschichte speiste sich aus den intimen Lebenserfahrungen des pakistanischen Engländers Ayub Khan-Din und wurde zum weltweiten Hit. Rund 12 Jahre später folgt nun ein Sequel, das die Gefahren, zum lauen Abklatsch der Originalstory zu werden, mit einem simplen Trick umschifft.

Der jüngste Sohn der Familie Khan macht Schwierigkeiten, allerdings nur weil er als »schmutziger Paki« in der Schule gemobbt wird. Kurzerhand beschließt der Vater (großartig bärbeißig: Om Puri), ihn mit seinen fremden Wurzeln im indischen Punjab vertraut zu machen, und wie es sich für jeden anständigen Pubertierenden gehört, will Sajid davon gar nichts wissen. Es dauert eine Weile, ehe er vor Ort einer äußerst wirksamen Éducation sentimentale erliegt und die harte Schale des muffigen Pubertisten durch die weisen Ratschläge eines alten Philosophen und die Aufmunterungen eines gleichaltrigen Jungen erweicht wird. Eine furiose Schnittfolge, in der die beiden Jungs auf den Dächern der kleinen Häuser hinter den unten über die Straßen flirrenden Frauen hinterherjagen, vermittelt die flirrende Energie des indischen Alltags.

Aus der britischen Perspektive von »East is East« war die pakistanische Familie, die der Patriarch verlassen hatte, um alsbald in England eine neue zu gründen, ein vages Feindbild, das schwarze Loch, in dem ein großer Teil des sauer in der Frittenbude verdienten Geldes verschwand. Nun wechselt der Film den Blickwinkel, tut voller Herz und Humor einen erhellenden Blick hinter den Vorhang der Vorurteile und Vorwürfe. Aber auch George »Genghis« Khan wird in den Sog seines alten Lebens gezogen, während er ein Haus zu bauen beginnt, vergisst er schnell seine britische Frau, die eines Tages überraschend mit ihrer Freundin aus dem Taxi steigt, um nach dem Rechten zu sehen. Was alsbald als Zickenkrieg unter den beiden Khan-Frauen beginnt, entwickelt sich schleichend zu einer sachten Annäherung. Während beide Frauen bisher immer gramvoll der Meinung waren, die jeweils andere habe das bessere, einfachere Los gezogen, stellt sich nun schnell raus, dass das Gras in Wirklichkeit nirgends grüner ist. So bringt die spontane Reise Bewegung in alle verhärteten Situationen, auf unterschiedliche Weise erleben der Vater und seine mehr oder weniger erwachsenen Söhne ebenso wie seine geplagten Frauen eine durchaus berührende Bewusstwerdung, während Indien für einen guten Schuss Farbe, Energie und Lebensfreude sorgt, die dem Film über Kamera, Kostüme und Musik ganz selbstverständlich injiziert werden. Wenn die britischen Ladies in ihren knalligen Seventies-Polyester-Outfits aus dem Taxi steigen, bahnt sich hinter dem Clash der Kulturen schon farblich die Völkerverständigung an.

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