Kritik zu Annie

Von den überfluteten Bayous im Louisiana aus Beasts of the Southern Wild in die New Yorker Metropole des Broadway-Hits »Annie«: Das ist ein ziemlich großer Sprung für die inzwischen elfjährige Quvenzhané Wallis, die jüngste Darstellerin, die je für einen Oscar nominiert war. Mit diesem Coup beweist Will Gluck nach Emma Stone in Easy A (Einfach zu haben) und Mila Kunis in Freunde mit gewissen Vorzügen erneut sein gutes Besetzungshändchen, das einem ansonsten eher seichten Film schließlich doch noch Charme verleiht.

Die Geschichte des Waisenmädchens Annie, das sich vom Schicksal nicht unterkriegen lässt, gehört seit 100 Jahren zur amerikanischen Popkultur. Sie begann in den 20er Jahren als Comicstrip und kulminierte 1977 in einem mit sieben Tony Awards ausgezeichneten Broadway-Musical, das 1982 erstmals verfilmt wurde. Will Gluck hat der Geschichte ein gehöriges Update verpasst, hat sie vom New York der Depressionszeit in die Gegenwart geholt und aus dem Kriegsgewinnler von damals einen Handymagnaten gemacht. Selbst das berühmte rote Kleid mit weißem Kragen der Original-Annie wich dem streetsmarten Dresscode der Kids von heute.

So spielt Wallis das ikonische Waisenkind, das sich im New York von heute von ihrem harten Schicksal nicht kleinkriegen lässt. Zusammen mit vier anderen Waisen lebt sie im verlotterten Haushalt der gescheiterten und schwer dem Alkohol zugetanen Popqueen Hannigan, die die Kinder als Geldeinnahmequelle missbraucht. Gespielt wird sie schamlos chargierend von Cameron Diaz, die sich immer wieder vollmundig auf derb komödiantische Rollen eingelassen hat, hier aber den Bogen doch überspannt. Es liegt an Quvenzhané Wallis, dass man am Ende dieser platten Musicalkomödie doch noch bezaubert wird, und wirklich glauben möchte, dass dieses charmante Mädchen den kalten, profitorientierten  Elektronikunternehmer zu Menschlichkeit und Familiensinn verführt