DVD-Tipp: »Das Kriminalgericht« (1964)
»Das Kriminalgericht« (1964). © Pidax
Über das Jahr 1964 verteilt sendete das ZDF zwei Folgen der Reihe »Das Kriminalgericht« plus den Zweiteiler »Der Fall Nebe« aus derselben Schmiede, jedoch ohne den anfänglichen Obertitel. Der korrespondierte mit der 1963 erfolgreich gestarteten Reihe »Das Kriminalmuseum«, beide nach heutigem Sprachgebrauch dem »True Crime«-Genre zugehörig, damals das Metier der ZDF-Hauptabteilung »Dokumentarspiel«. Die Redaktion verlangte, »Veränderungen oder Färbungen der dokumentarischen Tatsachen« zu unterlassen, dennoch publikumswirksame Darstellungsformen zu finden und Lücken im dokumentarischen Material durch Spielszenen auszugleichen.
Mit den Filmen »Der Fall Krantz«, »Der Fall Calmette« und »Der Fall Nebe« wurden drei historische Rechtsfälle aufgegriffen. »Der Fall Krantz« ereignete sich 1927 unter Berliner Schülern, die einer schwülstigen Todesromantik anhingen. Verschmähte Liebe, juveniler Ennui, geschwisterliche Eifersucht hatten einen Doppelmord zur Folge. Ausgeblendet bleibt in dem Film, dass der Angeklagte Paul Krantz unter dem Namen Ernst Erich Noth in der Emigration Schriftsteller und ein anerkannter Literaturwissenschaftler wurde.
»Der Fall Calmette« rekapituliert einen Medizinskandal aus dem Jahr 1930. Sparwille und die Hybris eines renommierten Wissenschaftlers hatten den Tod von 77 Kindern zur Folge gehabt.
Der vielleicht fesselndste Beitrag ist der zweiteilige »Der Fall Nebe«. Der Kriminalist Arthur Nebe stieg im Nationalsozialismus zum Chef des Reichskriminalpolizeiamtes auf, war an der Planung und Ausführung bestialischer Massenmorde beteiligt, unterhielt aber auch Kontakte zum Widerstand. Dieser Film enthält aus naheliegenden Gründen mehr dokumentarisches Material als die anderen beiden. Eugen Kogon, Autor von »Der SS-Staat«, nimmt nach damaligem Stand historische Einordnungen vor. In den übrigen Folgen kommentiert aus Juristenwarte Paul Ronge, wie Kogon ein Verfolgter des NS-Regimes.
Das Kriminalgericht D 1964. R: Georg Tressler. Da: U.a. Günther Neutze, Ekkehard Fritsch, Gerda Maria Jürgens, Friedrich Schütter. Anbieter: Pidax.
VÖ: 18. Januar 2024
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