DVD-Tipp: »Schwarze Sonne« (1997)

»Schwarze Sonne« (1997). © absolut Medien

»Schwarze Sonne« (1997). © absolut Medien

Mythen des »Dritten Reichs«

Wer sich bisweilen wundert, wie einträchtig Rechtsextreme und Esoteriker oft auftreten und beispielsweise »querdenken«, wird in Rüdiger Sünners so nüchternem wie spannendem Streifzug durch die mythologischen Hintergründe des Nationalsozialismus manches Erhellende finden. Waren doch bereits unter den Original-Nazis um Hitler und Goebbels nicht nur jede Menge verkrachte Künstler, sondern auch zahlreiche Mystiker, Runendeuter und Gralssucher. Das fing an bei der reichlich absurden »Welteislehre« und dem Glauben an Arier aus Atlantis und hörte mit Heinrich Himmlers Kult um Frankenkönig Heinrich I. noch lange nicht auf. Himmler hielt regelmäßig »geistige« Zwiesprache mit seinem Namensvetter aus dem 9. Jahrhundert und angeblichen Urvater der Deutschen Nation, und er war überzeugt, er sei wenn schon nicht dessen Reinkarnation, so mindestens ein direkter Nachfahr.

Bereits 1997 entstanden und jetzt digital ansehnlich restauriert, ist »Schwarze Sonne« auch nach 25 Jahren immer noch oder gerade wieder hochaktuell. Anhand von Archivmaterial, Interviews und mit Erkundung einschlägiger Kultorte wie etwa der Externsteine im Teutoburger Wald oder der Wewelsburg geht Rüdiger Sünner in seiner Recherche zurück bis zu den Wurzeln des nationalsozialistischen Denkens in der völkischen Bewegung des späten 19. Jahrhunderts, in der auch der rigorose Antisemitismus schon angelegt ist. Chronologisch widmet er sich Themen wie Ariosophie, Thule-Gesellschaft, den sakralen Aspekten von Nazi-Ritualen und -Architektur sowie Pseudo-Wissenschaften wie der SS-Ahnenforschung. Dabei begegnet man illustren Gestalten wie dem SS-Brigadeführer und Wahrsager Karl Maria Wiligut und dem vom Heiligen Gral besessenen Schriftsteller Otto Rahn.

So versponnen, ja drollig manches anmutet: »Schwarze Sonne« macht unmissverständlich klar, welche zentrale Rolle Irrationalismus und Antimodernismus in der Nazi-Ideologie spielten: Im Verbund mit dem Glauben an die eigene rassische Überlegenheit und missionarischem Eifer trugen sie wesentlich dazu bei, dass der Weg ab 1933 eben nicht »ins arische Licht« führte, sondern geradewegs in die Barbarei. 




VÖ: 25. März 2022

Bestellmöglichkeit (DVD/digital)

 


 

 

Trailer

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt