Kritik zu Das Leben ist nichts für Feiglinge
Schicksalsschläge und andere Kleinigkeiten: André Erkau erzählt von Krankheit und Tod, drückt sich aber vor den großen Fragen
Verlust, Verdrängung, Krankheit, Tod – ja, das Leben verteilt nicht nur Blumensträuße, und manchmal kennt es keine Gnade. Gleich mehrere Blitze schlagen in den Alltag von Markus Färber (Wotan Wilke Möhring) ein. Erst stirbt seine Frau bei einem absurden Unfall, dann erkrankt seine Mutter Gerlinde (Christine Schorn) an Krebs, schließlich brennt seine 15-jährige Tochter Kim (Helen Woigk) durch. Wie stark kann und muss man(n) da sein? Markus, Betreiber eines Cateringservice und eher der sensible Typ, wählt den Weg der Schwäche: Er verkriecht sich, weicht den großen Fragen und Konflikten aus. Und versucht trotzdem sein Bestes.
Ein gestrenges Drama à la Haneke steckt irgendwo in diesem Stoff; hätte dessen Liebe nicht ebenfalls »Das Leben ist nichts für Feiglinge« heißen können? Aber Autor Gernot Gricksch und Regisseur André Erkau suchen eher einen komödiantischen, bittersüßen Zugang. Sie orientieren sich an Vorbildern wie »American Beauty« oder »About Schmidt«, an US-Independents also, die sich in der Kunst verstehen, schweren Schlägen mit einer gewissen Leichtigkeit zu begegnen. Folglich geht es oft um flockige Pointen und um groteske Zuspitzung. Das aber können die Amerikaner besser.
Dabei fängt alles recht vielversprechend an. Wenn der Film zunächst Markus' Welt Scherbe für Scherbe zusammensetzt, wird retrospektiv ein ganz normales bürgerliches Leben in einem Hamburger Einfamilienhaus erkennbar: als verlorenes, unwiederbringliches Idyll. Über feine Details wird das erzählt, wenn etwa Markus' Frau vom Anrufbeantworter ertönt wie eine Stimme aus dem Jenseits. Oder wenn im Reisebüro die Absage eines geplanten Zweiertrips zur kafkaesken Unternehmung gerät. Die unterschiedlichen Dimensionen von Trauer berührt Erkau dabei durchaus ernsthaft. Auch das Dreigenerationenkonstrukt wirkt zu Beginn noch interessant und verheißungsvoll. Die tapfere Oma, das rotzige Gothic Girl, dazwischen der aus der Bahn geworfene Papa – darin steckt großes erzählerisches Potenzial und dank der intensiv agierenden Darsteller auch durchaus die eine oder andere gelungene, also berührende Szene.
So richtig in die Tiefe kann oder will Erkau aber nicht gehen. Er erforscht weder die Vorgeschichte, noch lotet er die Abgründe zwischen den Figuren aus. Der Tod von Markus' Frau ist nicht mehr als ein Drehbuchkatalysator; nichts erfahren wir über ihr Leben oder über ihre Ehe. Auch das Vater-Tochter-Verhältnis bleibt seltsam unerklärt. Was alle drei Protagonisten dazu bringt, jeder Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen – Markus redet nicht, Gerlinde verheimlicht ihre Krankheit, Kim macht sich aus dem Staub –, wird nicht mal im Ansatz hinterfragt. Stattdessen nimmt der Film selber Reißaus, wenn Kim sich samt neuem Freund Richtung Dänemark absetzt. So wird eine Roadmovie-Verfolgung draus, bei der es um nichts mehr geht als ums Suchen und Finden. Und auch dabei, wie schon zuvor einige Male, setzt Erkau eher auf skurrile Albernheiten und wenig glaubwürdige Randfiguren als auf echte Gefühle (oder wenigstensgutes Drehbuchhandwerk). Von dem Mut, den der Film im Titel indirekt propagiert, ist da wenig zu spüren.
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