DVD-Tipp: »Wakefield«

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Der Mann unter dem Dach

Eher aus Versehen rutscht Howard Wakefield eines Abends aus seinem Leben heraus. Der Zug, mit dem er wie gewöhnlich von seiner Anwaltskanzlei in Manhattan in die Suburb und zu seiner Familie pendelt, hat Verspätung. Dann lenkt ein unerwünschter Waschbär seine Schritte in die Garage anstatt in die Küche, wo Frau und Töchter gerade mit dem Abendessen beginnen. Und dann bleibt er dort oben in der Dachkammer, inmitten all des über die Jahre angesammelten Gerümpels, hängen, fasziniert vom Ausblick auf ein, sein Leben, dessen allabendliche Routine da gerade ohne ihn abläuft. So gerät Howard Wakefield ins Grübeln...

Wer hätte wohl noch nicht darüber nachgedacht, wie die eigene Existenz sich von außen betrachtet darstellt? Wer hätte sich nie gewünscht, die Gewohnheiten zu unterbrechen, gleichsam herauszutreten aus dem Hamsterrad der immergleichen Abläufe, innezuhalten – und neu anzusetzen.

»Wakefield«, mit dem Robin Swicord die gleichnamige Kurzgeschichte von E.L. Doctorow adaptiert, beruht auf einer reizvollen Ausgangsidee und lotet im weiteren deren Potenzial aus. Das Innehalten des Protagonisten dient dabei weniger als Impulsgeber für nach außen gerichtetes, veränderndes Handeln als vielmehr als Initialzündung für einen Strom von Reflexionen innerhalb eines raumzeitlichen Stillstands. Soll heißen: Es passiert nicht viel. Zunehmend verwahrlost schaut Wakefield aus dem Dachfenster dabei zu, wie seine Familie ihn immer weniger vermisst, während er im Voiceover seinen Gedanken über Sinn und Unsinn der sich ihm stetig entfremdenden vormaligen Existenz nachhängt.

Bryan Cranston in der Titelrolle trägt diesen Film sozusagen im Alleingang; dergestalt, dass man sich wünschte, Swicord hätte zwischendurch nicht immer mal wieder, wie um die Inszenierung aufzulockern, Zuflucht genommen zu Rückblenden und Tagträumen. Denn mit Cranston ließe sich auch die ultimative Verdichtung wagen: ein Beckett'sches Hadern mit der männlichen Versorgerrolle, inmitten all der Überflüssigkeiten, die so ein Wohlstandsleben im Laufe der Jahre auf einen Dachboden spült.


 


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