Kritik zu Ziemlich beste Freunde
Die wahre Geschichte einer unwahrscheinlichen Freundschaft: Der Zufall macht einen farbigen Kleinkriminellen aus den Banlieues zum Pfleger eines gelähmten Aristokraten mit Stadtvilla. Ein Zusammenprall der Kulturen, der Funken sprühen läßt
Schon ein kurzer Blick auf die Verhältnisse in Frankreich wie auch in anderen europäischen Ländern reicht eigentlich aus, um Olivier Nakaches und Eric Toledanos buddy movie Ziemlich beste Freunde als realitätsfernes Märchen und klischeeerfüllte Wunschvorstellung abzutun. Schließlich spricht nicht nur Nicolas Sarkozys Politik der Ausgrenzung und Stigmatisierung gegen die Möglichkeit einer engeren Beziehung oder gar einer Freundschaft zwischen einem reichen weißen Aristokraten und einem schwarzen Kleinganoven, der als kleiner Junge aus dem Senegal in eine der trostlosen Pariser Vorstädte gekommen ist. Die Zeichen der Zeit zeugen nun einmal vordringlich von Rissen, die durch die westlichen Gesellschaften gehen, und von unüberwindbaren Abgründen.
Vor diesem Hintergrund macht sogar die Einblendung, mit der diese zeitgenössische comedy of manners beginnt und die dem Publikum versichert, dass das Folgende auf realen Ereignissen basiert, wirklich Sinn. Die Wirklichkeit ist längst nicht so, wie Medien und Politiker es den Menschen glauben machen wollen.
Und auch das Kino kann ganz andere unerwartete Wege beschreiten. So folgt gleich auf den Hinweis auf die tatsächliche Begebenheit eine irrwitzige Verfolgungsjagd durch das nächtliche Paris. Einfach zum Spaß rasen Driss (Omar Sy) und der querschnittgelähmte Philippe (François Cluzet) mit dessen Maserati über die Pariser Straßen und erregen damit die Aufmerksamkeit der Polizei. Driss wettet daraufhin, dass er ihre Verfolger abschütteln kann. Als ihm das nicht gelingt, schlägt er seinem Begleiter gleich noch eine zweite Wette vor. Auf diesen wahrhaft rasanten Einstieg, der die beiden schon als Komplizen und Freunde zeigt, folgt erst einmal ein Sprung zurück in der Zeit. Driss ist gerade aus dem Gefängnis gekommen, nun muss er sich mehrfach um einen Job bemühen, sonst bekommt er keine Sozialhilfe. Deswegen will er sich im Stadtpalast von Philippe, der einen Betreuer sucht, eigentlich nur eine weitere Absage holen. Doch so einfach macht es ihm der vom Hals abwärts gelähmte Multimillionär nicht. Etwas an der schnodderigen Art des Schwarzen weckt Philippes Interesse. Also schlägt er vor, er solle den Job für einen Monat auf Probe annehmen. Danach würde seinen Stempel für die Sozialhilfe bekommen.
Der Vergleich mag zunächst etwas vermessen klingen – aber Nakache/Toledano stehen mit ihrer Komödie zweifellos in der Tradition Molières. Wie der Dramatiker arbeiten auch sie ganz gezielt mit Klischees und Übertreibungen. So zeichnen sie sowohl Driss’ wie auch Philippes Milieu mit nur wenigen, sarkastischen Strichen. Vor diesem deutlich überzeichneten Hintergrund gewinnen die beiden ungewöhnlichen Freunde umso klarere und stärkere Konturen. Omar Sy und François Cluzet erfüllen sie mit Leben und Widersprüchen, die alle eins versprechen: Menschen sind durchaus in der Lage, über sich und ihre Herkunft hinauszuwachsen und dabei alle gesellschaftlichen Gräben zu überwinden.
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