Kritik zu The Princess
Der britische Dokumentarist Ed Perkins montiert das Leben von Prinzessin Diana unkommentiert aus Archivmaterialien zusammen. Die faszinierende Studie eines völlig öffentlichen Lebens
Von Prinzessin Diana glaubt man eigentlich längst, genug gesehen zu haben. Dazu noch gab es in den letzten zwei Jahren gleich zwei Projekte, in denen ihr Leben aufwendig nachinszeniert wurde. In der Serie »The Crown« weckte die britische Schauspielerin Emma Corrin als junge Diana Verständnis für ihre Essstörungen. Pablo Larraín schickte Kristin Stewart in seinem Film »Spencer« durch eine Art Weihnachtsfolter mit der königlichen Familie, auch hier mit viel Empathie und Einfühlung für das komplizierte, gequälte Innenleben einer Person, die ihr Leben unter den sensationsgierigen Augen der Öffentlichkeit verbringen musste. Der britische Filmemacher Ed Perkins verschiebt die Perspektive nun wieder ganz auf den Blick von außen: »The Princess« ist eine rein chronologische und völlig unkommentiert bleibende Montage von Originalaufnahmen, seien das Nachrichten, Interviews, Dokumentationen oder privat Gedrehtes.
Das mag aufs Erste fast langweilig klingen. Aber Perkins schneidet sein Material auf eine Weise zusammen, die einen regelrechten Sog entstehen lässt. Der eine oder andere mag die »besten Stellen« wiedererkennen. Jene ersten Paparazzi-Szenen auf der Straße, als eine noch sehr verlegen lächelnde Diana auf dem Weg von ihrer Wohnung zum Pkw von Presseleuten »gestellt« wird und die Fragen noch ausgesprochen höflich mit Kopfschütteln und »No comment« zurückweist. Das war kurz nach Bekanntwerden ihrer Verbindung zu Prinz Charles. Oder jenes peinliche Fernsehinterview der beiden nun schon Verlobten, bei dem sie gefragt werden, was sie gemeinsam haben, und ihnen so sichtlich nichts einfällt vor der Kamera außer »Natur« und »Sport«. Oder jene Szenen beim Besuch in Australien, wo Massen in regelrechter Diana-Mania die Straßen säumen und man dem Prinzen anmerkt, dass er sich vom großen öffentlichen Interesse an seiner Frau zurückgesetzt fühlt. Und jene, für die man die Prinzessin noch heute bewundern kann: wie sie schon in den 80er Jahren locker und angstlos auf HIV-Patienten zugeht, sie anfasst und umarmt.
Aber dazwischen gibt es auch viele Aufnahmen, die Vergessenes in Erinnerung rufen. Etwa der Optimismus, mit dem die britische Öffentlichkeit seinerzeit die Hochzeit begleitete – »The first time in decades, that a British prince marries an English woman!« –, die Naivität gegenüber den Medien von damals, und dann auch Aufnahmen aus dem britischen Alltag: Da wird im Supermarkt per Lautsprecher verkündet, dass die Prinzessin schwanger sei!
So viel Anschauungsmaterial zur bekannten Geschichte und der Jahre 1980-1997 bietet »The Princess«, dass jeder sich daraus ein eigenes Narrativ generieren kann. Letztlich nämlich dreht sich ob all der Aufnahmen der Blick wieder zurück. Auf die Fotografen und Filmer und ihre diversen Interessen – und auf uns, die Zuschauer, die dem Ganzen folgen. Am Ende führt Perkins mit seiner Montage vor allem eins vor Augen: Welch geeignete Projektionsfläche diese Frau für die verschiedenen Sehnsüchte ihres Publikums darstellte.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns