Kritik zu Looper
Nach dem Highschool-Noir Brick setzen Regisseur Rian Johnson und sein Freund Joseph Gordon-Levitt ihre Zusammenarbeit fort: mit einem aufwendiger produzierten, aber sehr smarten SF-Thriller
Wenn im Jahr 2044 noch Autos auf der Erde herumkurven, haben wir das nicht der visionären Energiepolitik unserer westlichen Staatslenker zu verdanken, so viel ist klar. In Looper sind die Kühlerhauben der meisten Fahrzeuge mit Solarzellen im Do-ityourself- Bau zugepflastert – jeder muss sehen, wo er bleibt und wie er mit den knapp gewordenen Ressourcen zurechtkommt. Ob es eine Regierung gibt und wie sie funktioniert, erläutert der Film nicht. Es ist, als ließe er den Zuschauer durch die Hintertür in eine mögliche Zukunft eintreten, in eine kaputte Gesellschaft, deren Verfassung plausibel und sinnlich fassbar wird in vielen wirkungsvollen, aber beiläufig eingebrachten Details des Sets und der Requisiten.
Die Looper des Titels, das sind gut bezahlte, straff organisierte Auftragskiller, deren Lebensstil ein wenig an das Yuppietum in den Filmen der Achtziger erinnert: ein fragwürdiger Job, viel Adrenalin, Drogen, Clubs und schneller Sex. Die Opfer der Looper werden angeliefert. Sie kommen aus einer noch zukünftigeren Zukunft, in der sich ein paar Verbrechersyndikate illegale Zeitmaschinen angeeignet haben. Mit deren Hilfe beamen sie unliebsame Personen dreißig Jahre zurück an einen festgelegten Ort, wo der Hitman schon wartet, und: »Pop! goes the weasel.« Joe – Joseph Gordon-Levitt – hat auf diese Weise ein Vermögen angehäuft und hofft auf Zeiten, in denen er es wirklich genießen könnte. Allerdings sind seine Jahre gezählt; er muss stets damit rechnen, dass sein Loop von den Auftraggebern »geschlossen« wird. Tatsächlich findet er eines Tages sein eigenes, älteres Selbst – Bruce Willis – zur gefälligen Liquidation vor der Mündung der rustikalen Flinte, die das Markenzeichen der Looper ist. In der Zukunft hat ein übersinnlich begabter Gangster beschlossen, alle Macht an sich zu reißen und die Hitmen auszulöschen. Aber Joe senior ist nicht von gestern. Ihm gelingt die Flucht, und es beginnt ein zäher, blutiger Krieg. Während der junge Joe und seine Organisation den Irrläufer zu erledigen suchen, will der die Zeitschleife auflösen, in der sie alle gefangen sind. »The future is not set«, hieß es im Terminator. Man wird darüber ziemlich viel nachdenken müssen.
Denn bis dahin ist das nur die Exposition eines Films, der mit einem fantastischen Reichtum an Motiven jongliert. Da gibt es böse schillernde Stadtansichten wie in Blade Runner und gewalttätige Pointen wie bei Tarantino oder Rodriguez; Gordon-Levitt erinnert mit seiner Schminke und den gelackten Haaren an die Krimifiguren der Vierziger – hartgesottene Off-Erzählung inklusive –, während Willis seinen typischen nicht totzukriegenden Charakter mit einer schönen Dringlichkeit ausstattet. Und immer wenn man denkt, Looper sei nun aufs Gleis gesetzt, legt der mit Brick bekannt gewordene Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson eine Weiche um – dann kann es sein, dass die Geschichte ins Hinterland steuert, in eine glühende Farmlandschaft, in der ein unheimliches Stephen-King-Kind und eine wehrhafte Blondine – Emily Blunt – darauf warten, den Actionthriller mit Emotion aufzuladen.
Johnsons Film ist natürlich ein Fressen für die Geeks, aber er hat sein Material und auch die Technik – CGI-lastige Totalen werden sparsam gesetzt, die Kamera agiert tückisch, drängt sich jedoch nicht auf – sicher im Griff. Hier wollte jemand wieder mal einen richtigen Science-Fiction-Film machen, mit all den politischen Überlegungen, zu denen das Genre fähig ist. »Diese Zeitreise-Chose röstet einem das Hirn«, beklagt sich Joes Boss irgendwann. Aber Johnson macht die Windungen der Timeline sichtbar und fühlbar, mit schmerzhafter Präzision und einem sehr schwarzen Humor. Jede Wunde, die jemandem in der Gegenwart geschlagen wird, hinterlässt eine Narbe auf dem Gesicht der Zukunft, jede individuelle Entscheidung erzeugt eine Erinnerung oder löscht eine aus.
Am Ende darf man sich fragen, was man heute unternehmen müsste, um ein Szenario wie das in Looper zu verhindern. Nicht schwer ist es freilich, zu prognostizieren, dass ein Regisseur, der so clevere Actionszenen dreht wie Johnson, in Kürze weggekauft werden wird, um einem seriellen überproduzierten Superhelden-Blockbuster eine »philosophische« Note zu geben. Hoffentlich findet er dann auch eine Hintertür
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