Kritik zu Hubert von Goisern – Brenna tuat's schon lang
Alpenrocker trifft Heimatfilmer: Marcus H. Rosenmüller hat den Musiker Hubert von Goisern porträtiert mit viel Archivmaterial aus 25 Bühnenjahren
»Hörst Du, wie die Zeit vergeht ... Die Jungen san oid wordn, und die Alten san gstorben ...« Der Autor des Liedes, Hubert von Goisern, ist angelnd auf dem Hallstätter See zu sehen, passend zum Liedtext sind Fotos des jungen Musikers zwischen die aktuellen Aufnahmen geschnitten: der junge Hubert in Tracht, als Mitglied einer Blaskapelle. Das ist ein schöner Einstieg in ein Filmporträt, das 25 Jahre eines Künstlerlebens zusammenfließen lässt. So elegant verzahnt werden die Musik von Goiserns und die Filmerzählung später leider selten. »Hubert von Goisern ist sein eigener roter Faden«, heißt es im Presseheft zu Marcus H. Rosenmüllers Dokumentarfilm Brenna tuat's schon lang. Das ist als Leitlinie am Ende aber doch zu wenig.
Das Filmprojekt war zunächst von Hubert von Goiserns Manager Hage Hein als Fernsehprojekt konzipiert. Dafür suchte dieser in den Fernseharchiven, Rosenmüller hat das Material aus 25 Jahren künstlerischer Arbeit dann zum Kinomusikfilm montiert, aber wenig eigenes aktuelles Material gedreht. Dabei lägen Themen auf der Hand: Die Spannung zwischen Heimat und Fremde, zwischen Volks- und Weltmusik vor allem, die von Goiserns Musik wie sein Leben geprägt hat. Sie ist als Thema – natürlich – präsent, es wird von Rosenmüller aber nicht vertieft. Vielleicht auch, weil der Regisseur und sein Protagonist bei solchen Themen ganz ähnlich ticken. Rosenmüller wurde mit seiner Komödie Wer früher stirbt ist länger tot 2006 als moderner bayerischer Heimatfilmer bekannt, die Mischung aus Provinznest-Gemütlichkeit bei gleichzeitiger Weltoffenheit traf den Geschmack vieler. Rosenmüller definierte Heimat als den Ort, wo die Menschen wohnen, die einem wichtig sind. Darauf kann man sich leicht einigen. In von Goiserns Musik ist mehr Spannung und Reibung – aber auch sie ist durch die Herkunft des österreichischen Musikers, seinen Dialekt, die Auswahl der Instrumente wie etwa des Akkordeons geprägt.
Es ist einiges über den Menschen von Goisern zu erfahren im Film, und mitreißende Musik gibt es auch. Marktkonform war diese Musik lange nicht: Ziehharmonika und österreichkritische Texte goutierten zunächst die wenigsten. Erst das »Hiatamadl« machte von Goisern zum »Volksmusiker«, weil plötzlich alle, alle mitsangen. Je weiter der Film voranschreitet, desto stärker und störender wird die Einigkeit, die beschworen wird. Etwa wenn von Goisern nach Afrika reist und die Menschen dort tanzen zum Alpensound oder wenn die Europatouren zu sehen sind, die Hubert von Goisern mit einem zur Bühne umgebauten Lastschiff durchführte.
Ein langes Gespräch, das der Regisseur mit von Goisern auf dem See beim Angeln führte, verklammert die Archivbilder, die am Ende zu einer völker- und künstlerverbindenden Geste zusammenfließen. Das wird dem Künstler, der sich ursprünglich »erfolgreich zwischen alle Stühle gesetzt hat«, wie es einmal heißt, nicht gerecht.
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