Kritik zu Free the Mind

© Mindjazz

2012
Original-Titel: 
Free the Mind
Filmstart in Deutschland: 
28.03.2013
L: 
80 Min
FSK: 
12

Die dänische Dokumentation über die Meditationstherapien des Neurowissenschaftlers Richard Davidson versteht sich zugleich als Trip in den unbekannten Kosmos des menschlichen Gehirns am Beispiel zweier Kriegsveteranen

Bewertung: 2
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Bereits auf den ersten Blick ist der Dokumentarfilm der Dänin Phie Ambo ein wildes Durcheinander. Zuerst wird dem Zuschauer das menschliche Gehirn in einer spektakulären Animation präsentiert, die an Richard Fleischers Sci-Fi-Klassiker The Fantastic Voyage erinnern mag. Es zischt und zuckt und blitzt in diesem Hirnmodell wie auf einem fernen, von ewigen Turbulenzen erschütterten Planeten. Dann erläutert der bekannte USHirnforscher Richard Davidson seine Anschauungen zum Gehirn als Terra incognita des Denkens und Fühlens, was filmisch unterstützt wird durch putzige Zeichentrickpassagen. Der supersoft agierende Professor, ein Anhänger des Dalai Lama, wirkt dabei wie ein Mix aus Hyper-Nerd und New-Age-Guru. Zwischen diesen Erläuterungen zum Planeten Hirn tauchen schließlich die eigentlichen Protagonisten des Films auf: Steve und Rich, zwei Veteranen des Afghanistan- bzw. Irakkriegs mit posttraumatischen Belastungsstörungen, sowie ein kleiner Junge namens Will, der nach einer schweren Kindheit an Hyperaktivität und Angstzuständen leidet. Alle drei werden an der Uni von Madison, Wisconsin, in Meditationsgruppen behandelt, die auf Forschungen von Davidson zurückgreifen.

Ein fragil wabernder Zusammenhang ergibt sich allmählich im Auge des Betrachters. Die Animation »entzündeter Gehirne« verknüpft sich unweigerlich mit den Gesichtern der Veteranen, fernen Verwandten von Travis Bickle aus Taxi Driver. Aber was haben die ehemaligen Soldaten mit dem kleinen Will zu tun? Die beiden Veteranen haben Schreckliches erlebt, der kleine Junge scheint sich dem Schrecken der Welt von Anfang an widersetzen zu wollen. Eine Sehnsucht wird spürbar nach der verletzlichen Unschuld der Kindheit. Bei all den ergreifenden Schilderungen des »emotionalen« Denkens von Steve, Rich und Will bleiben die drei aber doch Fallstudien, Versuchskaninchen im Kampf gegen den Terror vor allem des männlichen Lebens.

Free the Mind ist ein Wissenschafts- und Meditationsfilm, hauptsächlich aber ist er doch ein Veteranenfilm. Wie in den besten Filmen dieses Subgenres steht gewiss auch im Mittelpunkt von Ambos Film die Suche nach einem Neubeginn. Doch die Bedeutung dieser Suche, die allumfassende Atmosphäre der Heilung, die John Huston so beeindruckend in Let There Be Light, seiner Dokumentation von 1946 über Veteranen des Zweiten Weltkriegs, dargestellt hat, kann Free the Mind nicht vermitteln. Das liegt vielleicht daran, dass Regisseurin Ambo die gesellschaftlichen und moralischen Probleme der Kriegsheimkehrer zugunsten einer rein neurologischen Analyse ausgespart hat. Das liegt sicherlich auch daran, dass der Film allzu kritiklos den Therapieansätzen von Richard Davidson folgt, die dabei recht simpel erscheinen, als könnte man die Grausamkeiten des Krieges mit ein paar Atemübungen hinwegfegen. Die Lektionen in Sachen Meditation wirken zudem wie Abfederungen, in denen der Aufruhr in Watte gepackt wird. So sagt etwa der Veteran Rich auf die Frage, wo seine Ehefrau geblieben sei, nicht, dass sie ihn verlassen habe, sondern, dass sie sich beide im »Prozess der Trennung« befänden. Härte wird hier umschrieben, dabei steht die Verzweiflung in Richs schönem, traurigem Gesicht.

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