Kritik zu Ein Leben für ein Leben

© 3L Filmverleih

2007
Original-Titel: 
Adam Resurrected
Filmstart in Deutschland: 
22.01.2009
L: 
102 Min
FSK: 
12

Für den »Roman mit Humor über Holocaust-Überlebende« waren einst, laut Autor Yoram Kaniuk, nur wenige bereit. Paul Schrader hat ihn nun verfilmt

Bewertung: 4
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Dies ist kein Holocaust-Film. Weder Satire noch Drama, ist »Ein Leben für ein Leben« eine filmische Metamorphose. Nicht nur die Hauptfigur Adam Stein und mit ihr Jeff Goldblum in seiner anspruchsvollsten Rolle, auch der Film verwandelt sich unablässig. Resignation und Hoffnung, Gottesverachtung und Gottsuche, Zynismus, Selbsthass, das ebenso zerstörerische wie befreiende Lachen des (Über)Lebens, all das verzahnt sich und schlägt am Ende ein über Tod und Verlust, Rassenwahn und Nazi-Terror hinwegdonnerndes Rad, vollkommen wie die beiden Schlangen, die ineinander verbissen ein Symbol der Erneuerung formen.

Der Film beginnt im Israel des Jahres 1961. Adam Stein lässt es sich bei einer einsamen Frau gutgehen, die dem blendenden Aussehen des einstigen Berliner Kabarettstars erlegen ist. Doch der Kavalier ist eine gespaltene Persönlichkeit. Neben seiner Verehrung für die Schönheit und das Licht der Aufklärung haust eine dunkle Seele in seinem mageren Körper. Sie lässt seine Geliebten beim Sex bellen und schlägt zu. So wird Adam wieder einmal in die Wüste geschickt. Mitten im gleißenden Sand, ausgegrenzt wie eine Lepra-Kolonie, gehütet wie ein Tabu, erhebt sich die Festung der Holocaust-Überlebenden, eine Klinik für unheilbar Traumatisierte. Adams Rückkehr elektrisiert die Patientinnen ebenso wie die Krankenschwester Rachel, mit der er seinen sexuellen Obsessionen frönt. Seine Narrenfreiheit beruht nicht nur auf seinem verführerischen Esprit. Adam ist ein Rätsel, das zu bluten beginnt, stirbt und wiederaufersteht, eine jüdisch-deutsche Anfechtung des Todes in einem blütenweißen Anzug. Erwacht zu neuem Leiden, findet Adam den Grund seines diesmaligen Anfalls: Im Haus muss ein Hund sein.

Rückblenden, die der bizarren Logik des Traums zu folgen scheinen, delirierende Farben, die die Wüste der Depression nicht kennt, reißen den Betrachter, unerwartet und aufwühlend, mit in Adams Vergangenheit. Vom übersinnlichen Liebling der Berliner Vorkriegsjahre bis zum Juden, der in Auschwitz ausgerechnet an einen Lagerkommandanten gerät, dem er einmal das Leben gerettet hat, durchläuft Adam eine »Niederauffahrt«, in der die Hölle der einzige Himmel ist. Willem Dafoe spielt, grandios maliziös, den KZ-Kommandanten Klein, der Adam verschont. Um den Preis, dass Adam, bellend und winselnd, Kleins Hund wird. Nur gelegentlich muss er als Mensch vor der Gaskammer Geige spielen. Adams vernichtende Erinnerung ist in ihm verschlossen, bis er in der Klinik auf den Hund trifft, der einmal ein kleiner Junge war. Ihre gegenseitige Heilung ist ein jüdischer Witz, der den tödlichen Ernst der Entmenschlichung entmachtet. Jede Erlösung ist surreal. Doch Paul Schraders Vision von der teuflischen Versuchung und der göttlich-menschlichen Selbstüberwindung gereicht Jesus, Freud und dem Kino gleichermaßen zur Ehre.

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