Kritik zu Die Melodie des Meeres

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2014
Original-Titel: 
Song of the Sea
Filmstart in Deutschland: 
24.12.2015
V: 
L: 
93 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Gemälde werden lebendig, nie gekannte Fabelwesen tauchen aus den Tiefen des Wassers auf, und ein kleines Mädchen bewegt sich in der Zwischenwelt der Menschen und des Meeres: Tomm Moores zweiter oscarnominierter Film

Bewertung: 5
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Weit oben im Norden, auf einem irischen Leuchtturm, umtost von hohen Wellen, lebt der Leuchtturmwärter Conor mit seinen beiden Kindern. Ein Geheimnis umgibt diesen Ort, seit die Mutter bei der Geburt des Mädchens verschwunden ist. Die kleine Saoirse spricht nicht, und ihr großer Bruder Ben macht seine Schwester für die Abwesenheit der Mutter verantwortlich. An ihrem sechsten Geburtstag entdeckt das Mädchen eine große Muschel und ist fasziniert von deren Meeresmelodie. Ein weißer Fellmantel, den Saoirse findet, ist schließlich die Ursache dafür, dass die Kleine ins Meer taucht, auf märchenhafte Weise schwimmen kann und sich mit den Robben eins fühlt im Wasser. Was ist ihre wahre Bestimmung? Ben wird sich mit ihr auf den Weg machen, um das herauszufinden.

Tomm Moore hatte schon mit seinem ersten Film »The Secret of Kells« ein Epos geschaffen, das die keltische Sage zum Thema hatte. Sein neuer Film setzt das Thema Mythologie fort und bringt die alten Geschichten, die tiefgründig und zuweilen kompliziert sind, wieder zu den Menschen zurück. Während sein erster Film fast schon düster und spannend war, ist »Die Melodie des Meeres« durchaus ein Film, der sowohl Erwachsene als auch Kinder anspricht. Jedes Bild wirkt wie ein Gemälde und ist in einzigartiger Weise gestaltet und durchkomponiert. Moore malt die Entwürfe zunächst ganz klassisch auf Papier und bearbeitet sie danach am Computer. So entstehen magische, im Einzelnen auch melancholische Bilder, die in ihrer Farbigkeit den Betrachter hineinziehen in die jeweilige Szene. Moore braucht dafür keine 3D-Animation, ihm gelingt dies mit scharf konturierten Figuren, die sich im Bild der Farbgebung anpassen und eine eigene Tiefenschärfe erzeugen. Blau für das Meer mit seinen Fabelwesen, beige ist die Stadt in ihrer Hektik und rötlich das Zuhause bei Papa. Dadurch entspinnt sich ein Dialog zwischen den Orten und ihren Bewohnern, der noch vertieft wird, indem die realen Menschen in der Sagenwelt verfremdet, aber doch erkennbar wieder auftauchen. Die Oma beispielsweise, die die Kinder mit in die Stadt nimmt, um sie der Einsamkeit und den Gefahren der Insel zu entreißen, wird in der anderen Welt als Eule den Kindern wieder begegnen, mit einer Charakterisierung, die ihr in der Realität ähnelt – als offenbar böse, aber im Grunde gut meinende Alte.

Neben dem Bilderrausch zieht uns der Score in »Die Melodie des Meeres«, geschaffen von Bruno Coulais, mit der Unterstützung der irischen Band Kíla. Da werden keltische Klangweisen lebendig, die ein großes Ganzes mit der Legende schaffen, die sich um die ­Sage der Selkies rankt. Halb Mensch, halb Robbe, wandeln diese Wesen zwischen der realen und der mystischen Welt hin und her. Die kleine Saoirse muss ihre Bestimmung erst noch begreifen, um sich für eine der beiden Seiten entscheiden zu können. Es werden damit die grundlegenden Themen der Menschen angesprochen, wo komme ich her, wo will ich hin? Ein Vergnügen, dem Mädchen im Ringen um die Wahrheit zuzuschauen.

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