Kritik zu The Boy Next Door
Jennifer Lopez verknallt sich in den Nachbarsjungen – und verzettelt sich in einem bieder arrangierten Erotikthriller alter Schule
Filme mit Jennifer Lopez funktionieren in der Regel wie ein Fitnessstudio: Die Formel »Bauch, Beine, Po« verspricht zu gleichen Teilen volle Kinosäle und gut besuchte Schwitzkurse. Eine weitere Gemeinsamkeit: Intellektuelle Kraftanstrengungen sind eher nicht vonnöten, im Vordergrund stehen erbauliche Schauwerte und eine gute Figur. Bella figura macht die 45-jährige Latina-Queen aus der Bronx gleich in der ersten Einstellung des Films: Im knappen Top joggt sie durch ein pittoreskes Waldgebiet, während das braune Laub um sie herum metaphorisch den Verfall des Sommers und der Unschuld ankündigt. Aber nicht mit J.Lo! Diese Frau ist topfit und noch in den besten Jahren – die wichtigste Botschaft des Films wird hier umgehend fürs Publikum transportiert.
Was folgt, ist ein 90-minütiges Zähneknirschen in der Seele eines jeden Filmliebhabers. Jennifer Lopez (die hier auch als Produzentin am Werk ist) spielt die Highschool-Lehrerin Claire Peterson, die mit zerknittertem Gesichtsausdruck über ihre gescheiterte Ehe sinniert und den um Gnade bettelnden Noch-Gatten (John Corbett) auf Distanz hält. Der unternimmt mit dem gemeinsamen Sohn PS-starke Buddy-Trips ins Unterholz, um die Familienidylle zu retten. Empfindlich gestört wird diese Idylle jedoch, als im Nachbarhaus der 19-jährige Noah (Ryan Guzman) einzieht, der nicht nur mit den optischen Reizen eines Unterwäsche-Models imponiert, sondern auch ungefragt als Handwerker zur Stelle ist. Klare Sache, dass der junge Draufgänger alsbald auch im Schlafzimmer Hand anlegen will – ein Vorhaben, das er mit auswendig gelernten Homer-Schriften unterfüttert, ganz zur Freude von Claire Peterson, die doch ihre Schüler für antike Literaturklassiker begeistern möchte.
Um im Bild zu bleiben, versuchen sich Drehbuchautorin Barbara Curry und Regisseur Rob Cohen an einem bildungsbürgerlichen Überbau: Der ödipale Schönling will die Liebe einer Frau, die seine Mutter sein könnte. Seine eigenen Eltern sind jüngst einer anderen Tragödie zum Opfer gefallen. Doch eine Lehrerin darf bekanntlich keinen Schüler lieben, dieses moralische Dilemma verhandelt der Film auch nur für einen Wimpernschlag. Stattdessen montiert er stramm althergebrachte Stilmittel des erotischen Thrillers, die jeder Logik widersprechen und wie Ware von der Stange, ach was, aus dem Lagerraum anmuten. Während der einst hilfsbereite Loverboy zum Psychopathen mutiert, gibt es arg überbelichtete Einstellungen, die das Setting in der amerikanischen Vorstadt noch künstlicher wirken lassen. Es häufen sich holprige Schockmomente, die nicht selten unfreiwillig komisch wirken. In seiner drastischen Unbeholfenheit versucht sich der Film sogar kurzweilig am Horror- und Splatter-Genre, was in Wahrheit nur stumpfe Reizwerte sind. J.Los Anti-Aging-Programm ist ein schlaffer Affront für alle Freunde des Thriller-Kinos. Möge sich die Latina-Queen bitte zukünftig wieder auf »Romantic Comedies« konzentrieren. Oder Fitness-Videos nach der Bauch-Beine-Po-Formel.
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