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Gerhard Midding

"Du kleiner Schlingel hast dir aber Zeit gelassen!" sagte Michel Lonsdale, als er vor zehn Jahren den César für die beste männliche Nebenrolle in »Von Menschen und Göttern« entgegennahm. Diese noble Koketterie setzte der Preisverleihung ein Glanzlicht auf. Sie war mehr als nur verzeihlich. Sie sprach dem Publikum im Théatre du Chatelet aus dem Herzen: Warum nur musste es so lange dauern, bis der damals 79jährige Veteran endlich eine Auszeichnung erhielt?

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Diese Bühnenfarce kam 1971 beim Londoner Publikum bestens an. Sie hielt sich 16 Jahre lang auf den Spielplänen gleich dreier Theater. Die Kritiker waren entsetzt. Aber der Titel war unwiderstehlich. Es geht um ein junges Ehepaar, das eigentlich Geschirr in skandinavischem Design bestellen will, statt dessen aber aus Dänemark mit Pornographie in jedweder Form überhäuft wird. Am Broadway war die Komödie ein epochaler Flop.

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Es ist ein schönes Plakat, mit dem Roy Anderssons neuer Film beworben wird. Es schwenkt sich in luftige Höhen empor und verliert dabei nicht die Bodenhaftung. Ein kleines Wunder der Koexistenz. Oben ist ein Paar zu, das sich im Flug in den Armen hält, und unten ein aufgeräumter, stämmiger Mann, der gerade vom Einkaufen kommt. Eine Lauchstange lugt keck und nachhaltig aus seiner Papiertüte heraus.

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Einmal stand er vor einem Drehbuchproblem, das zu lösen ihm auch nach etlichen, langen Monaten unmöglich erschien. Die Buchvorlage entzog sich hartnäckig einer tragfähigen filmischen Form. Schweren Herzens überlegte er, den Vorschuss an seine Produzentin zurückzuzahlen. Aber dann fand er plötzlich doch einen Zugang - und »Schmetterling und Taucherglocke« wurde zur schönsten Filmarbeit von Ronald Harwood.

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Meine erste Reaktion war blanke Entgeisterung, als ich von den Diversitätsregeln erfuhr, welche die Filmakademie in Los Angeles fortan den Kandidaten für die Hauptkategorie "Bester Film" auferlegt. Als ich sie dann genauer studierte, entwickelte ich noch Fluchtphantasien: Mir kam der Musicaltitel  "Stop the World – I want to get off" in den Sinn..

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Ein Lächeln greift niemanden an. Es ist leise, horcht ins Innere. Der Erheiterte muntert damit vielleicht sogar sein Gegenüber auf und ermutigt zum friedlichen Miteinander: Wer lächelt, muss nicht gleich Zähne zeigen. Das Etikett des lächelnden Humanisten, das man dem am Samstag verstorbenen Jiri Menzel früh anheftete, beschreibt diesen Filmemacher noch immer trefflich.

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Vor 15 Jahren, als seine Filme noch in unsere Kinos kamen, gab der taiwanesische Regisseur Tsai Ming-liang seiner Vorstellung der Liebe eine sehr schöne, buddhistische Definition: Sie sei eine Mischung aus Determinismus und Ungewissheit. Demzufolge ist jeder Begegnung eine Ewigkeit eingeschrieben, auch wenn sie nur kurz andauert.

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Bei seinem vorangegangenen Film „Feuerwerk am helllichten Tag“, dem Berlinalesieger von 2014, hatte Diao Yi'nan noch einige Probleme mit der Zensoren. Sie bestanden darauf, dass die Hauptfigur im zweiten Akt des Drehbuchs ihren Dienst quittiert, denn es konnte nicht angehen, dass ein chinesischer Polizist als Alkoholiker dargestellt wird und sich in eine Mordverdächtige verliebt.

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Wäre Sean Connery, der an diesem Dienstag 90 Jahre alt wird, keine Legende und hätte er sich nicht vor anderthalb Jahrzehnten aus dem Filmgeschäft zurückgezogen, müsste er heutzutage wohl mit heftigem Gegenwind rechnen. Er wäre eine ganz und gar unzeitgemäße Erscheinung. Ich denke dabei weniger an den Chauvinismus vieler seiner Charaktere, der ihm nun angekreidet würde. Vielmehr vermute ich, dass ihn als aktiven Schauspieler jetzt vor allem der Vorwurf der kulturellen Aneignung treffen würde.

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Es gibt einen Moment in der Eröffnungssequenz von »Il traditore«, wo wir glauben, unseren Ohren nicht trauen zu dürfen. Er ist kurz, fast könnte man ihn überhören. In die sizilianische Folklore, die zum Fest der Santa Rosalia gespielt wird, bricht brüsk ein fremder Klang ein. Für eine Sekunde verstummen die Mandolinen und eine tragische Violine macht ihnen den Platz streitig.