Kritik zu Morgen gehört uns
Gilles de Maistre begleitet Kinder von allen Kontinenten, die mit ihrem Engagement die Welt besser machen, im Kleinen wie im Großen
Es hat schon etwas Altkluges, wenn der 13-jährige José Adolfo mit getragener Stimme erzählt, dass er und die anderen Kinder gerade dabei sind, die Welt zu retten. Wenn die 12-jährige Aïssatou andere Mädchen auf einem Markt in Guinea erklärt, wie falsch Kinderehen sind und der zehn Jahre alte Arthur erzählt, dass er viel lieber Obdachlosen hilft, als mit Freunden zu spielen. Doch sobald man sich bei diesem Gedanken ertappt, beschämt er einen auch schon. Denn diese Kinder bewirken tatsächlich etwas: Jose hat die erste Umweltbank für Kinder in Peru gegründet, Aïssatou Mädchen aus Zwangsehen befreit und hat dafür sogar Politiker und Polizei an ihrer Seite, und Arthur macht mit seinem Engagement Obdachlose satt und glücklich.
Es sind kleine, meist aber sehr große Taten, die diese Kinder vollbringen und die der französische Filmemacher Gilles de Maistre in seiner Dokumentation »Morgen gehört uns« so eindrücklich wie bildgewaltig einfängt.
Den Rahmen bildet Josés Reise nach Stockholm zur Verleihung des Internationalen Klimapreises für Kinder. Erst am Ende wird sich herausstellen, wer den Preis tatsächlich gewinnt. Dazwischen begleitet de Maistre, der zuletzt 2019 mit »Mia und der weiße Löwe« einen internationalen Erfolg feierte, die Kinder in ihrem Alltag. Erwachsene spielen dabei nur eine Nebenrolle. Arthur wird zwar von seinen Eltern zu den Obdachlosen gefahren und sie sind es auch, die ihn zu Ausstellungen begleiten, wo er seine selbst gemalten Bilder verkauft, um Spenden zu sammeln. Zu Wort kommen sie aber nur selten. Josés Vater erzählt einmal, wie stolz er auf seinen Sohn ist, für dessen Mut, den er selbst nicht hat. Die Eltern der 11-jährigen Heena, die in Neu-Delhi für ein Magazin von und für Straßenkinder recherchiert und schreibt und sich zugleich dafür einsetzt, dass Straßenkinder Lesen und Schreiben lernen, erzählen mit niedergeschlagenem Stolz, dass sie selbst nicht einmal lesen können.
Bürokratische Hindernisse, Gewalt und Ausgrenzung, die die Kinder wegen ihres Engagements erfahren, Unverständnis und Zurückweisung deutet de Maistre nur an. Das ermöglicht ihm, das energiegeladene Selbstbewusstsein und den teils unschuldigen und dabei nicht weniger effektiven Tatendrang der Kinder in wohl komponierten Einstellungen vor meist eindrucksvollen Kulissen einzufangen, auch ihre ungebremste Fröhlichkeit und ihren ansteckenden Optimismus. Er begleitet sie in kolumbianische Schulen, in indische Slums, auf afrikanische Märkte und in eine bolivianische Mine.
Er zeigt den Alltag dieser Kinder ohne einen anklagenden Blick eines Europäers. Die Kinder in Bolivien wollen, ja müssen arbeiten, um ihre Familien zu unterstützen und in die Schule zu gehen. Deswegen kämpfen sie für bessere Arbeitsbedingungen. Gilles de Maistre gibt diesen Kindern eine Stimme, die allen Kindern eine Stimme geben wollen. Das klingt pathetisch, ist im Ergebnis aber sehr viel wirkungsvoller als die Reden vieler Erwachsener. Ein Film, der Mut macht und so manchen Besserwisser beschämt.
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