DVD-Tipp: Filme von George Armitage
»Vigilante Force« (1976)
Einen Regisseur, der in 33 Jahren nur sieben Filme inszenieren konnte, von denen der letzte mittlerweile elf Jahre zurückliegt, stellt man sich als einen verbitterten oder gebrochenen Mann vor. Beides trifft auf George Armitage nicht zu. Davon konnte man sich im September beim Filmfest Oldenburg überzeugen, das dem Regisseur seine diesjährige Retrospektive widmete, einmal mehr in Anwesenheit des Geehrten, der sich als sympathischer Gesprächspartner erwies.
Armitage (Jahrgang 1942) begann seine Karriere bei Roger Corman, für dessen Endzeitfilm »G.A.S.S. Oder – Es war notwendig, die Welt zu vernichten, um sie zu retten« (1970) er das Drehbuch schrieb. Die Mischung aus Drama und schwarzem Humor kann man durchaus als Markenzeichen von Armitage sehen. So sieht sich in seinem hierzulande wohl bekanntesten Film »Ein Mann, ein Mord« (Grosse Pointe Blank, 1997) der Profikiller John Cusack zwischen einem letzten Auftrag und der Wiederbegegnung mit einer Highschool-Liebe anlässlich eines Klassentreffens. Und so nutzen Vietnamveteranen, die in einer kalifornischen Kleinstadt im Ölboom für Ordnung sorgen sollen, ihre Stellung aus, um selber kriminelle Geschäfte abzuwickeln. »Vigilante Force«, als »Das Gesetz sind wir« seinerzeit auch in deutschen Kinos gelaufen, ist ein sarkastischer Beitrag zu den US-Jubiläumsfeierlichkeiten anno 1976, mit den Mitteln des Exploitation-Kinos, produziert von Roger Cormans Bruder Gene, der damals Low-Budget-Filme für United Artists herstellte.
Wenn die Fiesen (angeführt von Kris Kristofferson) am Ende in den Fantasieuniformen der Bicentenary-Parade herumlaufen und von der Bürgerwehr zur Strecke gebracht werden, dann bringt der Film beide Elemente zusammen, nicht immer aber funktioniert er so gut.
Armitages bester Film ist »Miami Blues« (1990), die Verfilmung von Charles Willefords gleichnamigen Roman. Sie wurde ihm von dem Schauspieler Fred Ward angetragen, der an der Rolle des tragikomischen Polizisten Hoke Moseley interessiert war. Ward sei es hoch anzurechnen, so Armitage in Oldenburg, dass er keine Einwände hatte, als Armitage in seinem Drehbuch die Figur von Moseleys Gegenspieler, den Kleinkriminellen Junior Frenger, ausbaute und zum eigentlichen Zentrum des Films machte. Als Junior (ein weiterer von Armitages Soziopathen-Protagonisten) liefert Alec Baldwin eine seiner besten Darstellungen ab, auch Jennifer Jason Leigh als dessen Geliebte, die vom bürgerlichen Glück zu zweit träumt, steht dem in nichts nach.
Mit einer anderen Adaption eines der Großen der zeitgenössischen Kriminalliteratur legte Armitage 2004 seinen bislang letzten Film vor. »Hawaii Crime Story« war die zweite Verfilmung von Elmore Leonards »The Big Bounce«. Owen Wilson als Herumtreiber, der sich auf Hawaii mit mächtigen Gangstern anlegt und sein Glück immer wieder ausreizt, war eine schöne Figur für einen Neo-Noir, doch der Film fand nicht die Gnade der Executives, die ihn umschneiden ließen. In den USA ein Kassenflop, kam er hierzulande gleich als DVD heraus.
Sein Regiedebüt hatte Armitage 1971 mit »Private Duty Nurses« gegeben. Wie in den Frauengefängnisfilmen stehen auch hier junge Frauen im Mittelpunkt, sexuell offen, dabei aber immer selbstbewusster als die Männer. Sein Drehbuch des Nachfolgefilms »Night Call Curses« inszenierte dann Jonathan Kaplan, während Armitage für Gene Corman den (in Deutschland nie herausgekommenen) Blaxploitation-Film »Hit Man« drehte, ein Remake des britischen Gangsterfilmklassikers »Get Carter« von Mike Hodges. Und wie hat Armitage überlebt in der Industrie mit nur sieben Filmen in 33 Jahren? »Ich hatte das Glück, in den Sechzigern als associate producer von 63 Folgen der Fernsehserie »Peyton Place« tätig zu sein. Die wurden immer wieder ausgestrahlt, so kam einiges an Tantiemen zusammen.« Lucky George – einen neuen Film von ihm würde man trotzdem gerne sehen.
Bestellmöglichkeit »Vigilante Force«: DVD | Bluray
Bestellmöglichkeit »Hawaii Crime Story«: DVD | Stream
Bestellmöglichkeit »Grosse Point Blank«: DVD | Bluray | Stream
Bestellmöglichkeit »Miami Blues«: DVD
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