DVD-Tipp: »Kurze Begegnungen«/»Der lange Abschied« (1967/1971)
»Kurze Begegnungen« (1967). © Arthaus
Diese beiden Filme der ukrainischen Regisseurin Kira Muratowa sind genau das: »Kurze Begegnungen« und »Der lange Abschied«. Im ersten Film geht es um eine vertrackte Dreier-Liebesgeschichte, die sich luftig zwischen Gegenwart und Rückblenden entfaltet, und im anderen um das Coming of Age eines verträumt aufmüpfigen jungen Mannes, den seine vom Vater verlassene Mutter nicht loslassen kann. Beide sind scheinbar schnörkellos und doch immer wieder raffiniert und verspielt sowie erfinderisch und poetisch komponiert. Die Schwarz-Weiß-Filme geben sehr wahrhaftig das Leben in der Sowjetunion Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre wieder. Die Parteiführung hielt die Filme lange unter Verschluss, erst im Zuge der Perestroika, in den späten Achtzigerjahren, konnten sie weltweit entdeckt werden. Muratowa, die sich durchaus auf Augenhöhe mit Agnes Varda oder Věra Chytilová bewegt, spielt in ihrem ersten Spielfilm »Kurze Begegnungen« selbst eine der beiden Frauen, die gemeinsam demselben Mann nachhängen. Ihr Alltag wird gezeigt, aber es sind keine Geschichten der Unterordnung. Diese Frauen sind eigenwillig, nie tun sie, was von ihnen erwartet wird, vom Staat im Allgemeinen und von den Männern im Besonderen. Sie träumen, fordern und verweigern sich, da half es auch nicht, dass die Kulturwächter noch ein paar zusätzliche Szenen über den Arbeitsalltag einflicken ließen. Als Bonusmaterial gibt es zu beiden Filmen längere Interviews mit den Filmexpertinnen Elena Gorfinkel und Isabel Jacobs, die die Filme, ihre Entstehungsbedingungen und Wirkungsgeschichte so versiert wie zärtlich einordnen.
Kurze Begegnungen/Langer Abschied (1967/ 1971). R: Kira Muratowa. Anbieter: Arthaus.
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