Kritik zu 2 Tage New York
Mit neuem Partner, aber derselben verrückten Familie wie in 2 Tage Paris durchlebt Julie Delpys Heldin wieder die Freuden interkultureller
Begegnung, diesmal im Big Apple
Fünf Jahre ist es schon her, dass Julie Delpy mit ihrer Culture-Clash-Komödie 2 Tage Paris einen überraschenden Erfolg feierte. In der Fortsetzung macht die zügellose Pariser Sippe von Julie Delpys Hauptfigur Marion nun den Big Apple unsicher, ebenso wie ihren neuen Freund. Schauplatz und Partner haben gewechselt, den Prämissen und der Besetzung des Vorgängers bleibt 2 Tage New York treu. Es geht also abermals um den geräuschvollen Zusammenprall der Klischees, die Amerikaner und Franzosen voneinander hegen, um kulturelle Missverständnisse, Beziehungsund Familienturbulenzen.
Von Jack, den Adam Goldberg im Vorgänger verkörperte, ist Marion schon lange getrennt, wie der Prolog in Form eines Puppenspiels erläutert. Nun lebt sie mit dem Radiomoderator Mingus, gespielt von Chris Rock, ihrem Sohn und dessen Tochter zusammen – eine nette New Yorker Patchworkfamilie. Aber die Bewährungsprobe naht in Gestalt von Marions Vater Jeannot, ihrer Schwester, Rose und dem gar nicht eingeladenen, reichlich flegelhaften Exfreund Manu. Während Marion eine Ausstellung ihrer Fotografien vorbereitet, stiften also die so lebens- wie streitlustigen Franzosen jede Menge Unfrieden in der Beziehung, mit den Nachbarn und sogar mit der Obrigkeit, was unter anderemnzu einer behördlichen Ausweisung führt.
Man muss schon eine gewisse Kalauertoleranz mitbringen, um den Humor von 2 Tage New York zu goutieren, denn das Drehbuch greift – gezielt und genüsslich – in die Klamottenkiste der Stereotypen und legt es dabei nicht immer auf die Sophistication klassischerScrewball-Komödien an. Schon beim Zoll purzeln da raue Mengen an Käse und Wurst aus dem Gepäck der Franzosen, und natürlich wird keine Gelegenheit ausgelassen, um deren Sexbesessenheit gegen die Prüderie der Amerikaner auszuspielen. Dass etwa der Name Mingus sich auf Cunnilingus reimt, verursacht bei Marions Sippe ein äußerst ausdauerndes Vergnügen, was Mingus kaum teilen kann – und manchem Zuschauer mag es ähnlich gehen. Andere Pointen des wie sein Vorgänger vor allem dialoggetriebenen Films sind origineller, und gerade auf der Ebene sprachlicher Missverständnisse entwickelt das Drehbuch von Delpy und Alexia Landeau, die auch die nymphoman veranlagte Schwester gibt, stellenweise eine wunderbar absurde Dynamik. Julie Delpy liefert als Stadtneurotikerin bewährte Qualität, und Chris Rock ist ein würdiger Nachfolger Adam Goldbergs. Obwohl er gerne Zwiesprache mit einer Barack-Obama-Pappfigur hält, spielt er wohltuend normal und zurückhaltend. Ganz im Gegensatz zu den Franzosen, allen voran Albert Delpy – Julie Delpys Vater im Film wie im echten Leben –, der sich als gallischer Falstaff noch hemmungsloser austoben darf als im Vorgänger. Einen kurzen, aber famosen Auftritt als verklemmter Nachbar, der von Roses Reizen geradezu in Trance versetzt wird, hat Dylan Baker, und auch Daniel Brühl ist wieder in einem skurrilen Cameo mit von der Partie.
Dass 2 Tage New York mit seinen zahlreichen Innen- und Dialogszenen nicht zu sehr wie eine Sitcom aussieht und auch filmischen Schwung erhält, dafür sorgen eine Inszenierung von angemessener Sprunghaftigkeit sowie ein paar reizvolle visuelle Ideen – etwa eine Sightseeing-Tour durch ganz New York in rasenden 30 Sekunden, montiert aus Hunderten von Schnappschüssen. Da wir uns in der Stadt Woody Allens befinden und der Soundtrack außer Songs von und mit Delpy auch eine gute Portion Jazz bietet, hat der Film hin und wieder durchaus Allen’sches Flair.
Die Erwartungen an den Nachfolger von 2 Tage Paris hat Julie Delpy jedenfalls reichlich bedient, nur liegt die Betonung hier mehr auf amerikanischer Hektik denn auf französischem Esprit. Dass sie sich aber weder ihrem eigenen Erfolgsmuster noch den Genrekonventionen ganz widerstandslos fügen mag beweist die Regisseurin vor allem gegen Ende. Da macht die zuvor eher sorglos mäandernde Handlung einen Ausflug in unerwartete Gefilde, with a little help from Vincent Gallo. Mehr sei hier nicht verraten, doch nicht zuletzt diese Merkwürdigkeit macht 2 Tage New York – trotz eines Anflugs von Routine, trotz einiger Pannen – zu einem recht vergnüglichen Kurzurlaub.
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