Kritik zu Fair Traders
Nino Jacusso stellt drei sozial und ökologisch vorbildhafte Unternehmen und ihre Macher und Macherinnen vor, die ihren Traum verwirklichten, etwas Sinnvolles und Nachhaltiges zu erschaffen
Beispiele sozialer und ökologischer »Best Practice« sind in politischen Dokumentationen schon seit Jahren höchst populär. Manchmal nur als einzeln gesetztes aufbauendes Motivationsstückchen im desaströsen Umfeld, manchmal im geballten Dutzend für eine bessere Welt. Der engagierte und erfahrene Schweizer Regisseur Nino Jacusso hat sich für seinen Film zum Thema nachhaltiges Wirtschaften einen Dreiklang ganz unterschiedlich agierender Unternehmen aus der Schweiz und Bayern ausgesucht.
Mit Fair Trade im engeren Sinn haben dabei nur Patrick Hohmann und Niranjan Pattni von der Schweizer »bioRe« zu tun, die in Tansania in großem Stil Biobaumwolle zu fairen Preisen mit festen Abnahmeverträgen anbauen. Das verbindet sie mit der Textilproduzentin Sina Trinkwalder, die in ihrer Augsburger Großnäherei neben dieser importierten Baumwolle vorwiegend mit regionalen Materialien arbeitet – und dafür ausschließlich als unvermittelbar geltende Arbeitslose beschäftigt. Außerdem ermöglicht ihr Label »manomama« mit Soli-Preisaufschlägen, dass schicke Recyclingrucksäcke an Obdachlose gespendet werden können. Und Biobäuerin Claudia Zimmermann, die mit Ehemann in der Schweiz neben Gemüseanbau und Schweinezucht auch einen Bioladen betreibt, zahlt ihren bäuerlichen Lieferanten für die Waren freiwillig mehr als den Marktpreis.
All diese Unternehmer sind Umsteiger, die ihre gesicherten Angestelltenwelten als Werberin oder Kindergärtnerin für den Traum einer sinnvollen und nachhaltigen Arbeit verließen, wie sie in etwas länglich ausfallenden Selbstdarstellungen berichten. Auch im weiteren Verlauf des Films dominieren verbale Statements, während die praktischen Aktivitäten der Firmen weniger begleitend beobachtet als diskursiv ausgebreitet werden. Etwa die neben ein paar illustrativen Bildern weitgehend aus dem Off erzählte Geschichte um fünfzig Tonnen wurmstichiger Kartoffeln, die nach der Weigerung des Vertriebs durch den Großhändler höchst erfolgreich über Facebook in die Direktvermarktung gingen. Vielleicht waren die angesetzten Drehzeiten einfach zu kurz für eine wirklich intensive dokumentarische Begleitung.
Der naheliegenden Gefahr, zu einem schönfärberischen Imagefilm zu werden, entgeht Jacussos Film, indem er auch dunkle Momente nicht ausspart: den leeren Blick bei der Zigarette nach der motivierenden Ansprache. Oder eine Szene, in der Trinkwalder nach einer heftigen Standpauke vor versammelter Belegschaft auch gegenüber der Kamera Frust und Selbstzweifel einräumt. Auch das manchmal peinlich paternalistische Agieren der beiden Baumwollproduzenten gegenüber ihren tansanischen Mitarbeitern wird nicht ausgespart. Dennoch bleibt das Gefühl, dass wesentliche Widersprüche und Konflikte des Konzepts nachhaltigen Wirtschaftens im Kapitalismus im Film nicht thematisiert werden. Das ist auch für die Spannung ein Problem. Und die braucht auch ein für eine lebenswerte Zukunft engagierter Film.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns