Kritik zu With Gilbert & George
Gilbert und George sind neben Pierre et Gilles das bekannteste männliche Paar der Kunstgeschichte. Die beiden Künstler – Gilbert Prousch und George Passmore – treten nur zusammen auf
Immer in Anzügen gewandet und ordentlich gestriegelt, beflügeln die beiden die kontinentalen Fantasien über skurrile Engländer so wie einst Miss Marple und Mister Stringer. Wobei Dame Margaret Rutherford wahrscheinlich eher wenig Freude an den 1994 entstandenen »Naked Shit Pictures« gehabt hätte, auf denen Gilbert & George Aktfotografien ihrer selbst und Fotos der eigenen Exkremente auf ihre eigenwillige Art zu Kunst werden ließen.
Gilbert, aufgewachsen in den Dolomiten, und George, aufgewachsen in Plymouth, lernten sich während ihres Studiums in London kennen. Mit ihren »living sculptures« machten sie auf sich aufmerksam, und schon hier war ihre Kunst beseelt von dem Wunsch, »a world of beauty and happiness« für alle Menschen (auch gesellschaftliche Minoritäten) zu kreieren und das Leben selbst zu »some great sculpture« zu machen. Sie pflegten dabei schon immer eine besonders spleenige Note: Die Idee, sich selbst beim Trinken und beim Betrunkenwerden zu filmen, ist so lustig wie ihre Umsetzung und gerne hätte der Zuschauer noch etwas mehr von dieser und anderen Performances gesehen. Das zweite Manko des Films betrifft die fehlende kunst- und zeitgeschichtliche Einordnung des OEuvres. Kontroversen, die das Werk auslöste, werden im Film von Julian Cole nur am Rande berührt.
Denn wie alle Avantgardekunst war auch die von Gilbert & George immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Die Protagonisten kommentieren diese mit dem ihnen eigenen Understatement. Als ein Kritiker, ihnen pädophile Neigungen unterstellend, fragte, ob die Hosen eines fotografierten Jungen nicht zu kurz seien, antworteten sie knapp: Zu kurz für was? Wie alle große Kunst ist auch die der »konservativen Anarchisten« (O-Ton) Gilbert & George durchdrungen von Empathie. Ihr Credo wird dem Film hoffentlich genauso viele Zuschauer bringen wie die Ausstellungen ihrer Werke: Tolerance leads to love!
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