Kritik zu Snitch – Ein riskanter Deal
Um seinem Sohn eine zehnjährige Haftstrafe zu ersparen, lässt sich ein Transportunternehmer in eine Drogengang einschleusen. Exstuntman Ric Roman Waugh macht daraus mehr als nur das typische Dwayne-Johnson-Vehikel
Schon die Firmenlogos ganz zu Beginn lassen erahnen, dass Ric Roman Waughs Snitch trotz seines Stars Dwayne Johnson kein typischer Actionfilm ist. Participant Media und Image Nation Abu Dhabi produzieren seit 2009 Arbeiten von Filmemachern, die zwar die Konventionen Hollywoods bedienen, aber zugleich auch Stellung zu aktuellen Entwicklungen beziehen wollen. So unterschiedlich Steven Soderberghs Der Informant! und Tate Taylors The Help, Gus Van Sants Promised Land, Steven Spielbergs Lincoln oder Doug Limans Fair Game im Prinzip auch sein mögen, eines ist ihnen dennoch gemeinsam: Sie alle haben eine Botschaft und fordern ihr Publikum zum – der Name der einen Gesellschaft sagt es schon – Partizipieren auf.
Jason (Rafi Gavron) hat eine fatale Entscheidung getroffen und wurde dabei hereingelegt. Ein Freund hat den 18-Jährigen überredet, für ihn ein Päckchen mit Drogen in Empfang zu nehmen, und ihn dann sofort an die Ermittlungsbehörden verraten. Nun drohen ihm aufgrund der »Mandatory Drug Sentencing Laws« zehn Jahre Haft in einem USBundesgefängnis. Der einzige Ausweg, den ihm die eisig karrieristische Staatsanwältin Joanne Keeghan (Susan Sarandon) bietet: Er soll einen anderen Drogendealer belasten. Dann würde seine Strafe deutlich reduziert.Nur kennt Jason keine Dealer, und einen Unschuldigen, wie er es war, will er auf keinen Fall täuschen und dann ans Messer liefern.
Wissend, dass sein Sohn die zehn Jahre im Gefängnis nicht überstehen würde, bietet Jasons Vater John Matthews (Dwayne Johnson) an, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten. Er will seine Baufirma dabei als Deckmantel nutzen. Mit Hilfe eines ehemaligen Dealers, der bei ihm arbeitet, kann er einen Kontakt zu einem lokalen Drogenboss herstellen. Nur wird dadurch auch ein mexikanisches Kartell auf Matthews und die Möglichkeiten, die seine Firma bietet, aufmerksam.
Ric Roman Waughs Thriller um einen Mann, der zwischen die Fronten der amerikanischen Justiz und der mexikanischen Kartelle gerät, erinnert an die Romane von Don Winslow, in denen die düsteren Abgründe und mehr noch die zynischen Lügen der amerikanischen Politik offen zutage treten. Dwayne Johnsons Unternehmer, der sich schließlich im Alleingang mit einem Kartell anlegt, mag in seiner Überzeichnung ein Zugeständnis an klassische Genrekonventionen sein. Aber mit dem ehemaligen Dealer Daniel James (Jon Bernthal), der den Drogen und den Gangs eigentlich den Rücken gekehrt hatte, hat er eine überaus ambivalente Figur an seiner Seite. James’ Ringen um ein normales Leben steht eine kaltblütige Effektivität gegenüber. Das eine wie auch das andere erzählt viel über die psychologischen und die sozialen Auswirkungen des längst verlorenen und eigentlich immer nur für propagandistische Zwecke genutzten »Kriegs gegen die Drogen«. So gelingt Waugh, der als Stuntman in den 80ern und 90ern mit Regisseuren wie John Carpenter und Paul Verhoeven zusammengearbeitet hat, ein subversives Porträt des amerikanischen Justizsystems, das in einem irrwitzigen Showdown gipfelt, mit dem er sich vor seinen Lehrmeistern verbeugt.
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