Kritik zu Der Lieferheld
Wenn der Vater mit seinen 533 Kindern: Ken Scott hat seinen charmanten "Starbuck" für Hollywood noch einmal gedreht. Überflüssig, aber trotzdem schön
26.11.2013
Bewertung: 3
Leserbewertung
(Stimmen: 3)
Der Held, ein sportverrückter Lastwagenfahrer, begreift erst spät im Leben, dass er ziemlich viel Mist gebaut und auf Kosten anderer gelebt hat. David Wozniak (Vince Vaughn) sammelt Strafzettel im Stundentakt, baut Marihuana im Wohnzimmer an, vernachlässigt seine Freundin und verschusselt jeden noch so simplen Auftrag. Er ist, sozusagen, ein Ostküstenpendant zum trotteligen Schlawiner Jason Lee aus der Serie »My Name Is Earl«. Der muss erst einen schweren Unfall erleiden, ehe er Besserung gelobt und eine Liste all jener erstellt, die er einst schlecht behandelte. Dann leistet er Zeile für Zeile Wiedergutmachung, um sein Karma in die Balance zu bringen. David hingegen ereilt eine andere Art des Weckrufs. Er ist plötzlich im Besitz eines großen Umschlags, aus dem er nacheinander Schicksale zieht: 142 Menschen, an denen es etwas gutzumachen gilt, die auf Klärung, Bereinigung, vielleicht auch Buße hoffen. Und alle haben etwas gemeinsam: Sie sind samt und sonders Davids Kinder, Produkte einer lukrativen Lebensphase, in der er 700 Mal sein überaus fruchtbringendes Sperma spendete. Nicht weniger als 533 Sprösslinge gingen daraus hervor, von denen nun die besagten 142 darauf drängen, ihren bislang anonymen Vater kennenzulernen.
Aufmerksamen Kinogängern wird der kuriose Plot bekannt vorkommen, er ist identisch mit dem der franko-kanadischen Produktion Starbuck, die erst vor Jahresfrist auf Festivals reüssierte. In den USA startete die warmherzige Komödie im Frühling 2013 auf gerade mal drei Leinwänden, steigerte sich kurzfristig auf 32 Säle, verabschiedete sich aber bald mit mäßigem Einspiel in Richtung DVD-Auswertung. Das Remake befand sich da längst in Produktion, eine Neuauflage, für die Ken Scott, bereits Regisseur des Originals und Koautor des ursprünglichen Drehbuchs, von DreamWorks anscheinend nur eine Vorgabe bekommen hat: noch mal genau so, nur mit US-Schauspielern und in englischer Sprache bitte. Scott jedenfalls sah keinen Grund, etwas zu reparieren, was nicht kaputt war. Er machte einfach exakt jenen Film noch einmal, den er zwei Jahre zuvor in französischer Sprache in Kanada gedreht hatte.
Insofern bewegt sich das neue Werk in kultureller und cineastischer Hinsicht hart an der Grenze zur Überflüssigkeit, doch möchte man den Lieferheld fast gegen solche Kritik in Schutz nehmen, so überzeugend ist es Scott gelungen, den Charme und die Skurrilität von Starbuck in dieses Hollywoodprojekt hinüberzuretten. Vince Vaughn ist zwar eine beinahe zu naheliegende Wahl für den Protagonisten – er präsentiert seine übliche Mischung aus Virilität und Lausbubenwitz. Aber damit trifft er den polnischstämmigen Tunichtgut perfekt und schafft es auch, dass uns der eingangs tumbe Unsympath im Laufe seiner doppelten Vatermission (seine Freundin ist schwanger) allmählich ans Herz wächst. Und Scotts Regie gelingt es trotz gesteigerten Budgets und Verlegung nach New York, dem Geschehen einen Realismus und eine Bodenständigkeit einzuimpfen, die in amerikanischen Produktionen selten zu sehen sind. Bei aller Extravaganz der Prämisse wirkt doch alles so lebensnah, dass zumindest jene, die Starbuck verpasst haben, sich dieser Nach-Lieferung getrost anvertrauen können.
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