DVD-Tipp: Gediegener Eurohorror
»Der Hexentöter von Blackmoor« (1970)
In den 20er Jahren war der deutsche Horrorfilm mit Werken wie »Nosferatu« oder »Orlacs Hände« weltweit stilbildend, nach dem realen Schrecken des Nationalsozialismus im Nachkriegsdeutschland dagegen eine Seltenheit: Außer Tourjanskys Jekyll & Hyde-Variante »Vom Teufel gejagt«, Rabenalts »Alraune«-Remake und den Wolf C. Hartwig- Produktionen »Die Nackte und der Satan« und »Ein Toter hing im Netz« fällt mir da für das erste Vierteljahrhundert nichts ein. Insofern betrat der Regieveteran Harald Reinl 1967 durchaus Neuland, als er »Die Schlangengrube und das Pendel« drehte. Immerhin konnte er dabei auf eine Reihe von Horrormomenten in den von ihm inszenierten Edgar-Wallace-Verfilmungen zurückgreifen. Als Horrorfilm ist das Werk jedoch eher halbherzig, auch das titelgebende Pendel wirkt im Vergleich zu dem aus Roger Cormans »Das Pendel des Todes« wie aus Pappmaschee. Und beim Ansehen beschleichen den Cineasten immer wieder Deja-vu-Erlebnisse. Neben einer ausgeklügelten Kamerafahrt, die dem Vorspann unterlegt ist, gefällt der Film immerhin durch die surrealen Wandgemälde in den Kellergewölben des Schlosses und durch die Kutschfahrt durch einen verwunschenen Wald, in der Körperteile an den Bäumen hängen. Die Schreckensmomente werden angesichts einer erstrebten FSK-12-Freigabe stark zurückgenommen, von der Vierteilung zu Beginn bis zu den zwölf Jungfrauen (deren Blut Graf Regula benötigt für ein ewiges Leben), die auf Folterbänken tot ausgestreckt drapiert sind.
Wie bei Reinl wird auch in Jess Francos »Der Hexentöter von Blackmoor« der Schurke von Christopher Lee verkörpert – bei Franco hat er deutlich mehr Leinwandzeit und nutzt diese für das Porträt eines selbstherrlichen Mannes, des höchsten englischen Richters, der im Jahr 1865 gnadenlos Jagd macht auf vermeintliche Hexen und Vaterlandsverräter. Inspiriert von dem Erfolg von Michael Reeves' »Der Hexenjäger« ist dies vielleicht Francos höchstbudgetierter Film, bei dem viel Geld in die Ausstattung investiert wurde, während Francos wilder Stil, etwa seine Vorliebe für Zooms, ebenso gezügelt wurde wie die Drastik der Folterszenen – seine Obsessionen kommen vor allem in einer Szene zum Ausdruck, in der die nackte Protagonistin in einer Gefängniszelle die Wunden auf dem nackten Körper einer anderen Gefangenen ableckt.
Für diese neuen Editionen wurden beide Filme von den Originalen neu abgetastet und digital remastert. Das Mediabook von »Die Schlangengrube und das Pendel« enthält den Film in englischer, deutscher und italienischer Sprachfassung als DVD und als Blu-ray, beide mit einem informativen – wenn auch selten szenenspezifischen – Audiokommentar der Kritiker Gerd Naumann, Christopher Klaese und Matthias Künnecke, zudem Trailer, Teaser und eine 8-minütige Slideshow zur Restaurierung. Das 36-seitige, reich bebilderte Booklet beinhaltet eine Produktionsgeschichte von Fritz Tauber und eine Würdigung von Hans Schifferle. Eine limitierte Deluxe-Sammleredition bietet zusätzlich eine DVD mit Bonusmaterial: etwa vier zeitgenössischen Fernsehberichte (12 Min.) und ein 40-minütiges, aber schwer verständliches Audiointerview mit Karin Dor. Die Box zu »Der Hexentöter von Blackmoor« umfasst neben einer CD mit dem Soundtrack von Bruno Nicolai vier Blu-rays: drei verschiedene Fassungen und auf der vierten die mit 32 Minuten äußerst lange Super-8-Fassung und die 65-minütige Doku »The Franco-Philes« von Calum Wadell, in der mehrere ExpertInnen, sowohl Kritiker als auch Weggefährten Francos, Auskunft geben. Das ist wenig strukturiert, bietet aber dennoch wertvolle Einblicke in diesen besessenen Filmemacher, über den der Kritiker John Martin sagt: »Wenn er nicht hinter der Kamera stand, hatte sein Leben keinen Sinn.« Im Booklet informiert Oliver Nöding über die Produktionsgeschichte des Films und ordnet ihn in das Gesamtwerk Francos ein.
Die Schlangengrube und das Pendel (BRD 1967). Anbieter: UCM One.
Der Hexentöter von Blackmoor (SP/IT/BRD 1970). Anbieter: Koch films.
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