DVD-Tipp: Filme aus dem Kalten Krieg
»Gehetzt und gejagt« (Beyond the Curtain, 1960)
Im Rückblick verkürzt sich der Kalte (und damit auch ein Stück weit unsichtbare) Krieg auf einige wenige spektakuläre Ereignisse, anhand derer die Frontstellung zwischen den Machtblöcken in West und Ost für alle sichtbar wurde: etwa der Bau der Berliner Mauer, vor allem aber die Kuba-Krise. Vor diesem Hintergrund bleibt die Schlussszene von Alfred Hitchcocks (seinerzeit eher geschmähten) »Topas« eindringlich und erinnerungswert: die Zeitung mit der Schlagzeile, die Kuba-Krise sei vorüber, landet im Müll, während in einer Überblendung noch einmal die Gesichter derjenigen erscheinen, die in dieser Auseinandersetzung ihr Leben lassen mussten. Im Kino sind diese beiden historischen Ereignisse wiederholt thematisiert worden, die Erinnerung an die Epoche dürfte aber ansonsten eher durch Agentenfilme geprägt sein, die den Kalten Krieg als Folie nehmen, vor dem sie ihre crime stories entfalten. Und hier wiederum – dank ihrer kontinuierlichen Fortführung seit mittlerweile sechs Jahrzehnten – die James-Bond-Filme.
Insofern freut man sich, anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls einige weniger bekannte Filme zum Thema entdecken zu können. Der Anbieter Big Ben Movies hat in seiner Filmclub Edition gleich vier Titel veröffentlicht, die das Spannungsfeld zwischen Action und Alltag abdecken. Letzteres galt seinerzeit als Kassengift – vermutlich sind nach 1989 erheblich mehr Filme zum Thema erschienen als in den Jahrzehnten zuvor. Besonders stark in dieser Hinsicht ist der spanische »Zurück in die Hölle«, in dem sich ein Hauptmann der Volkspolizei in die Schwester eines Fluchthelfers (der getarnt als Fischer arbeitet) verliebt und dadurch zu zweifeln beginnt. Am Ende kehren beide aus der Bundesrepublik (wohin sie eine eher unglaubwürdige Flugzeugnotlandung verschlagen hat) in die DDR zurück, um Fluchtwilligen zu helfen. Trotz einiger gelungener Actionszenen ist der Film am stärksten, wenn er das gegenseitige Misstrauen und die rabiaten Methoden von Vertretern der Staatsmacht zeigt. Bei dem Bild der damaligen DDR-Justizministerin Hilde Benjamin – an der Wand und auf einer Zeitungstitelseite – fragt man sich allerdings, ob ihr dämonisches Grinsen nachbearbeitet wurde.
Stasi-Leute spielen eine wichtige Rolle im britischen »…Gehetzt und gejagt …«, als sie versuchen, durch eine vor Jahren Geflüchtete, die jetzt nach der Notlandung eines Flugzeugs festgenommen wurde, an ihren Bruder heranzukommen, der nach dem 17. Juni 1953 untergetaucht ist. Auch hier kommt einem professionell agierenden Netz von Fluchthelfern eine positive Rolle zu. Mehr Eindruck als der nominelle Held, Richard Greene als britischer Verlobter der Protagonistin, hinterlassen Lucie Mannheim als deren Mutter und Marius Goring als Jugendfreund, der die Seiten gewechselt hat.
In den US-Produktionen liegt der Fokus auf Suspense und Action. In Henry Hathaways »Kurier nach Triest« dagegen sorgt die Frage, ob Hildegard Knef für die Russen arbeitet oder aber als Doppelagentin diese an der Nase herumführt, für zusätzliche Spannung. Hier hat sich der Anbieter einen großen Verdienst erworben, indem er eine 16-mm-Kopie mit der deutschen Erstsynchronisation ausfindig gemacht hat, in der Hildegard Knef sich selbst sprach. Einmal erfahren wir auch, was in den geheimen Papieren, hinter denen beide Seiten her sind, steht: »der sowjetische Aufmarschplan, einschließlich der Besetzung Jugoslawiens«.
Die Mission eines U-Bootes in Samuel Fullers »Inferno« gilt geheimen Atomtests, von denen erst später klar wird, dass es die Chinesen sind, die dahinterstehen. Ihr perfider Plan: »Sie wollen eine Atombombe auf Korea werfen und dann behaupten, dass wir es waren!« Doch das wissen die Amerikaner unter Führung von Richard Widmark als Söldner, der lange Zeit nur am Geld interessiert ist, zu verhindern. Auch Clark Gable ist in »Treffpunkt Hongkong« in erster Linie an seinen Geschäften interessiert, die er am Rande der Legalität betreibt, lässt sich aber von Susan Hayward einspannen, ihren Reporter-Ehemann aus chinesischem Gewahrsam zu befreien – was hier relativ glatt abläuft und zudem in einem schmalzigen Happy End mündet, während der Film zuvor eher auf die exotische Kulisse als auf die Figuren setzt – Humphrey Bogart in »Casablanca« ist sehr weit weg. Chinesische Propaganda nimmt einen größeren Raum ein in Lewis Milestones »Pork Chop Hill«, in dem Gregory Peck mit seinem Bataillon im Koreakrieg einen Hügel zurückerobern soll, um damit den Amerikanern bei den Pariser Friedensverhandlungen eine bessere Basis zu verschaffen – was am Ende trotz hoher Verluste gelingt, bevor es heißt: »Millions live in freedom today because of what they did« – ein patriotischer Schlenker, der in Kontrast zum Rest des Films steht. Bemerkenswert ist, dass die Chinesen hier mit regelmäßigen Lautsprecherdurchsagen die Amerikaner zu demoralisieren versuchen. In »Nicht die Zeit für Blumen« dagegen wird die kommunistische Moral einer jungen Frau im Nachkriegsungarn getestet (»filmed entirely in occupied Austria«). Ihr neuer Chef ist der ehemalige Handelsattaché in Washington, dem kapitalistischen Luxus nicht abgeneigt, der sie mit allen Mitteln zu verführen sucht – dies allerdings im Auftrag der Geheimpolizei, die wissen will, ob sie die junge Frau ins kapitalistische Ausland entsenden kann. Don Siegel ist nicht für seine (wenigen) Komödien berühmt, aber hier gelingt ihm die Farce, erdacht von dem Emigranten Hans Wilhelm, durchaus, bei aller Überdrehtheit hat der Film einige dramatisch beklemmende Momente.
Das grosse Heimweh (...Y eligió el infierno; E 1957).
Gehetzt und Gejagt (Beyond the Curtain; GB 1960).
Kurier nach Triest (Diplomatic Courier; USA 1952).
Inferno (Hell and High Water; USA 1954).
Treffpunkt Hongkong (Soldier of Fortune; USA 1955).
Mit Blut geschrieben (Pork Chop Hill; USA 1959).
Nicht die Zeit für Blumen (No Time For Flowers; USA 1952).
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