Kampf ums Geld
Seit 1922, seit Fritz Langs erstem Dr. Mabuse kennen wir dieses Prinzip: »die Ausnutzung des Films als Zeitbild«. Für Lang waren ja die Jahre nach dem Ersten
Weltkrieg in Deutschland eine Epoche »der tiefsten Verzweiflung, der Hysterie, des Zynismus, des ungezügelten Lasters«. Deshalb erzählte er von Chaos und
Schrecken in Berlin, von Gewalt, Intrigen und Tyrannei, von kriminellem Tun, das die Welt aus allen Fugen fallen ließ. Dominik Graf wandelt in seinem »Im Angesicht des Verbrechens« nun auf diesen Spuren von Fritz Lang. Wieder passiert alles in Berlin. Wieder geht es um organisiertes Verbrechen und den engagierten Kampf dagegen. Wieder steht im Mittelpunkt eine Zeit der tiefsten Verunsicherung: der Korruption auf vielen Ebenen, des Drogenmissbrauchs,
der exzessiven Gewalt, des ungezügelten Lasters. Erzählt wird von zwei Polizisten, die den Kampf aufnehmen gegen die russische Mafia und die Verräter
in den eigenen Reihen – und so ihren persönlichen Krieg führen, um ihre Welt wenigstens ein bisschen in Ordnung zu halten. Dabei werden sie auf mehreren
Ebenen verwickelt in die kriminellen Machenschaften um sie herum. Mal ermitteln sie im Kleinen, mal verfolgen sie Verdächtige bis in die Ukraine, mal geraten sie zwischen alle Stühle. Sie werden geliebt und verraten, geküsst und verwundet. »Im Angesicht des Verbrechens« ist fürs Fernsehen gedreht – in zehn Folgen à 50 Minuten. Im Forum der Berlinale lief das Epos allerdings zweigeteilt. Von daher war der ganze Reichtum der großen Linien wie der kleinen Momente zeitnah zu entdecken. Der ewige Kampf ums Geld: das Grausame und Gewalttätige. Wie die große Sehnsucht nach Liebe: das Zarte und Weichherzige. Das Raue, Wilde, Zerrissene. Wie das Ruhige, Sanfte, Stille.
Dominik Graf und sein Autor Rolf Basedow verdichten das Geschehen auch, indem sie unentwegt die Perspektive wechseln. Die Arbeit der Ermittler wird verknüpft mit den Aktionen der Mafiosi, der Brutalität der Zuhälter, der Gier der Geschäftemacher. Und dazwischen immer wieder: Familiäres und Privates. So ist der Film alles in allem eine subtile und intensive Genremixtur, Gangster- und Polizeifilm, Sozio- und Psychodram in einem. Ein grandioses Schlachtgemälde.
Und ein faszinierendes, vielschichtiges Bild unserer Zeit, unterlegt mit leidenschaftlichstem »Höllengelächter«.
»Im Angesicht des Verbrechens«
von Dominik Graf
Norbert Grob
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