Berlinale-Retro: »Groundhog Day« (1993)
Die diesjährige Retrospektive heißt »Young at Heart – Coming of Age at the Movies«, und die Idee der Retro-Macher ist an sich charmant: Nicht die üblichen Verdächtigen aus der Deutschen Kinemathek suchen die Filme aus, sondern Filmschaffende aus aller Welt. Das bietet die Möglichkeit, einen ganz vielfältigen Blick auf das Thema zu werfen und Filme anzubieten, die man nicht sofort auf dem Schirm hat. Es stellen sich dennoch einige Fragen: So gibt es in diesem Jahr keine Publikation zur Retrospektive; es gibt nicht einmal eine offen ausliegende Broschüre, in der die Filme vorgestellt werden, aber auch die Filmpatinnen und -paten. Auch wäre es schön gewesen, wenn zu jedem Film die jeweiligen kuratierenden Filmschaffenden ein Grußwort geliefert hätten, wenn eine Filmeinführung in Präsenz nicht möglich ist. Immerhin war für die Gestaltung dieser Retro zwei Jahre Zeit – die letztjährige war ja schon fürs vorletzte Jahr geplant und angekündigt gewesen.
Glücklicherweise gibt es doch bei einigen der Vorführungen Einführungen der Filmpatinnen, und besonders bei »Grounhog Day« ist man ja gespannt, warum nun dieser Film unter dem Coming of Age-Label gezeigt wird. Nora Fingscheidt hat ihn ausgesucht, mit ihrem »Systemsprenger« hat sie 2019 den Silbernen Bären gewonnen. »Groundhog Day« nun, die Story von Bill Murray, der in der ewigen Wiederkehr eines 2. Februars festsitzt, ist kein Film über das Erwachsenwerden. Fingscheidt erklärte denn auch, dass ihr die Filmauswahl recht schwer gefallen ist; da allerdings die Vorgabe nicht ausschließlich besagte, Entwicklungsgeschichten in der Filmhandlung zu zeigen, ist »Groundhog Day« als Fingscheidts erste große, prägende Filmerfahrung, die ihr im Alter von acht Jahren große philosophische Fragen eingab, natürlich begründbar – wichtig für sie selbst in ihrer Kinosozialisation. (Bei mir wäre dies »Zwei Nasen tanken super«, in der dritten Klasse gabs Kinotickets beim Weltspartag...) Und Fingscheidt schlägt einen guten Bogen: Die Erfahrungen von Murrays Figur, völlig unverstanden und nur von Idioten umgeben zu sein, die, so meint sie, spiegele doch recht genau das Gefühl von Kindheit und Pubertät.
Und zudem ist der Film auch 30 Jahre nach Veröffentlichung sehr, sehr unterhaltsam – hat sich sicherlich besser gehalten als die Kindsköpfe Tommy und Mike.
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