Nahaufnahme von Mahershala Ali
Mahershala Ali in »Green Book« (2018). © Entertainment One
Mahershala Ali ist mit dem Oscarerfolg von »Moonlight« zum gefragten Star aufgestiegen. Nun erhält er erneut Preise und viel Lob für seinen Auftritt in »Green Book« und der dritten Staffel von »True Detective«
Wer weiß, vielleicht wird aus seinem Namen dereinst noch ein Idiom: So etwas wie »einen Mahershala durchziehen« als Synonym dafür, wenn es gelingt, einen schwierig klingenden Namen der breiten Öffentlichkeit geläufig zu machen. Statt ihn, wie sonst in Hollywood üblich, ins Gefällige zu ändern. Seit Mahershala Alis Oscargewinn als bester Nebendarsteller für seine Rolle des väterlichen Freunds und Drogendealers in Barry Jenkins' »Moonlight« jedenfalls weiß fast ganz Hollywood: erstens, wie man Mahershala ausspricht (Betonung auf der zweiten Silbe), zweitens, dass es sich dabei um die Kurzform von Mahershalalhashbaz handelt, und drittens, dass es Alis Pastorinnenmutter war, die diesen, einen der längsten Namen im Alten Testament, für ihren Sohn ausgesucht hat.
Wenn man Ali darüber reden hört, wie er mit Mitte 20 bei seinen ersten Fernseh- und Filmrollen noch trotzig auf alle 18 Buchstaben seines Namens bestand, um dann irgendwann das Zugeständnis zu machen, sich auf eine zwar immer noch exotische, aber rufbare Variante einzulassen, begreift man eine Menge über den Mann: Ali gehört zu jenen, die prüfend nachdenken, bevor sie Antworten geben, und die Dinge mit Bedacht in Angriff nehmen. Genau so beschreibt er auch seinen Weg zum Glauben: als Akt einer tiefen Reflexion, die ihn im Jahr 2000 weg vom elterlichen Protestantismus zum Islam führte. Sein Oscargewinn war der erste für einen muslimischen Schauspieler in der Geschichte der Academy.
Als Charakterdarsteller etabliert hatte sich Ali schon vor »Moonlight«, nur dass die Parts kaum je groß genug waren, um Aufsehen zu erregen: von der Rolle als »Quotenschwarzer« in der Pathologenserie »Crossing Jordan« über Auftritte in David Finchers »Benjamin Button«, in Derek Cianfrances »The Place Beyond the Pines« bis zu den »Hunger Games«. Mit der Rolle des »Fixers« Remy Danton in der Netflixserie »House of Cards« ergab sich für Ali dann eine neue Chance. Von all den zynischen Figuren, die die Serie in ihrer Machtversessenheit entblößte, stellte er einen Mann dar, der sich nicht darauf reduzieren ließ. Er trat den Underwoods und Konsorten auch nicht als Idealist entgegent; nein, Ali verlieh seinem Remy eine intrigierende Verletzlichkeit und das fatalistische Selbstbewusstsein eines schwarzen Mannes in Amerika, der damit leben muss, dass ihn die Polizei demütigt, nicht obwohl, sondern gerade weil er ein teures Auto fährt.
Die Rolle brachte Ali seine erste Emmynominierung ein; der Erfolg ermutigte den 1974 Geborenen, doch noch einmal um größere Rollen jenseits der Verbrecherklischees zu kämpfen, auf den ein großgewachsener Afroamerikaner wie er sich schnell festgelegt sieht. Ironischerweise liest sich der Part in »Moonlight« zunächst genau so: ein Drogendealer und Frauenheld, der dazu noch früh sein Leben lässt. Aber eben das war das Wunder von »Moonlight«: dass der Film Emotionen und Nuancen fand, wo das Kino sonst nur »Genre« sieht.
Mit »Moonlight« hat Ali einen Status erreicht, in dem er scheinbar nichts mehr falsch machen kann. Die Kontroverse, die rund um »Green Book« tobt, um den weißen Paternalismus des Films und den falschen Umgang seiner Autoren mit den Angehörigen des echten Don Shirley, den Ali verkörpert, geht an ihm wie spurlos vorbei. So hart manche mit dem Film ins Gericht gehen, Alis Auftritt als sich aristokratisch gebender Pianist auf Tour im segregierten Süden der USA wird, wie auch aktuell der als Polizist in der dritten Staffel von »True Detective«, in höchsten Tönen gelobt.
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