Interview mit Dome Karukoski zu »Tom of Finland«
Dome Karukoski. Foto: Jaana Rannikko
Damals machte man sich Sorgen um Finnlands Ruf im Ausland
epd Film: Herr Karukoski, war es für Ihren Film wichtig, die Nutzungsrechte an den berühmten Zeichnungen zu haben?
Dome Karukoski: Ja und nein. Einerseits war mein Gedanke immer, dass ich keinen Film nur für Fans von Tom of Finland drehen wollte. So berühmt seine Bilder sind, haben trotzdem viele Menschen sie noch nie gesehen. Es hätte sich falsch angefühlt, den Film zu drehen, ohne die Rechte zu haben.
Die Zeichnungen spielen ja durchaus auch eine Rolle im Film ...
Das stimmt, sie wurden zum Bestandteil der Erzählstruktur. Das hat sich zum Teil erst während des Drehens ergeben. Ich habe erst mit der Zeit wirklich verstanden, wie viel diese Bilder über das Leben von Tom of Finland alias Touko Laaksonen erzählen. Sie sind zwar erotische Fantasien, aber direkt beeinflusst von dem, was er erlebt hat. Dass er unter anderem Gefängniswärter gezeichnet hat, lässt sich nicht davon trennen, dass er selbst im Gefängnis saß.
Wie viele Freiheiten konnten Sie sich herausnehmen, was die Lebensgeschichte von Laaksonen angeht?
Ich würde es so ausdrücken: Was die Emotionen angeht, ist »Tom of Finland« sehr wahrhaftig. Aber natürlich sprechen wir nicht von einer Dokumentation, sondern von einem Spielfilm. Doch alle Eckpfeiler stimmen; die verrücktesten Szenen, die wie erfunden wirken, haben sich tatsächlich ereignet.
Zum Beispiel?
Wir zeigen im Film eine Poolparty, während Toms Kalifornien-Aufenthalt, die von zehn Polizisten gesprengt wird, die exakt so aussehen, als seien sie der Fantasie von Tom entsprungen. Ist wirklich passiert. In der Realität waren es sogar noch mehr Cops, doch unser Budget reichte nur für zehn.
Wie steht es um die Liebesgeschichte? War er tatsächlich all die Jahre mit seinem Lebensgefährten zusammen?
Ja, die beiden waren 28 Jahre ein Paar. Was ich unglaublich spannend finde, gerade in Anbetracht der hypersexuellen Bilder von Tom of Finland, die ja Sinnbild der Polygamie sind. Tom und Veli waren bis zu dessen Tod 1981 ein Paar. Damals wurden zwei Todesanzeigen veröffentlicht, eine von Velis Familie und eine von dem Restaurant, in dem er gearbeitet hat. In beiden wird Tom, also Touko, nicht einmal erwähnt; ist das nicht furchtbar?
Dieses Versteckspielen, das damals für schwule Männer noch an der Tagesordnung war, fängt Ihr Film sehr eindrücklich ein ...
Manches Detail habe ich erst erfahren, als der Film längst im Kasten war. Wenn Velis Familie zu Besuch kam, gaben sich Toms Schwester und eine Bekannte immer als die Freundinnen der beiden Männer aus. Überhaupt war die Rolle von Toms Schwester in dieser Beziehung eine besondere. Ihr Bruder und sein Lebensgefährte waren zeitlebens die einzigen Männer in ihrem Leben; das war beinahe eine Dreiecksbeziehung. Nur Toms Kunst konnte sie nie akzeptieren. Selbst als sie 15 Jahre nach seinem Tod die Nachricht bekam, dass seine Bilder im MoMa in New York ausgestellt werden, waren ihre Worte: Was denken die sich? Wer will diesen Schmutz sehen?
Sprach sie damit für die Mehrheit der Finnen? Oder ist man in Ihrer Heimat heute stolz auf Tom?
Aufgrund seines englischen Künstlernamens »Tom of Finland« und weil er amerikanische Polizeiuniformen zeichnete, hielten die meisten ihn jahrelang für einen Amerikaner. Erst nach seinem Tod 1991 wurde bekannt, dass er Finne war. Damals machte man sich wohl Sorgen um Finnlands Ruf im Ausland. Aber inzwischen gab es in Finnland sogar offizielle Briefmarken mit seinen Zeichnungen als Motiv. Verklemmte Konservative beschimpfen so etwas auch heute noch als Homopropaganda. Doch insgesamt sind wir stolz auf Tom of Finland, nicht zuletzt in Helsinki.
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