Kritik zu Rosenstraße

Filmclip © Concorde

Margarethe von Trotta hat sich in ihren Spielfilmen immer wieder mit der deutschen Geschichte befasst, ob in »Das zweite Erwachen der Christa Klages«, »Rosa Luxemburg« oder »Die bleierne Zeit«. Ihr neuer Film, »Rosenstrasse« beleuchtet eine wenig bekannte Episode aus der Zeit des »Dritten Reichs«

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Irgendwann in diesem Film hat man das deutliche Gefühl der Identifikation mit dem Aggressor. Die in den USA bis heute ärgerliche Besetzungspolitik in der filmischen Auseinandersetzung mit dem »Dritten Reich« – Nazis und sonstige Deutsche kräftig und blond, Juden und »Halbjuden« schmächtig und dunkel, dieses ideologische Klischee wird geradezu eilfertig auch durch diese deutsche Produktion bedient. Vermutlich geschieht das nicht einmal bewusst: Jeder Film ist auch ein Film über andere Filme, nimmt immer auch die »Buchstaben« der Vorgänger. Dennoch: eine einprägsame Erinnerung an die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem ist die große Bilderwand von Juden aus aller Welt. Wo jede Physiognomie und Farbe – von rotblond, Sommersprossen, Stupsnase bis tiefdunkel – überreich vertreten war. Im Kino jedoch würden blonde Juden und dunkle Deutsche offenbar sogar hiesiges Publikum überfordern.

Jürgen Vogel und Katja Riemann also auf der deutsch-arischen versus Maria Schrader und Jutta Lampe auf der deutsch-jüdischen Seite: die Elemente des Films sind einfach und übersichtlich gewählt – vielleicht damit der Inhalt dafür umso komplexer sein darf. Dieser Inhalt ist in der Tat ein »Umschreiben« der deutschen Geschichte. Er besagt, er beweist: Widerstand war möglich. Widerstand der deutschen Bevölkerung gegen die Judenvernichtungspolitik im »Dritten Reich« hatte – wenn er denn stattfand – manchmal Erfolg. Voraussetzung war Solidarität: die Bildung einer hinreichend großen Zahl von Protestlern.

Jene wahre Begebenheit, die Margarethe von Trottas Film aufgreift, nehmen auch die Historiker erst seit zehn Jahren zur Kenntnis: den Aufstand der »arischen« Frauen jüdischer Männer in der Berliner Rosenstraße, mit dem sie die Deportation ihrer Männer verhinderten oder gar rückgängig machten.

Soweit die Fakten. Trotta montiert in ihrer dramaturgischen Aufarbeitung Gegenwart und Vergangenheit ineinander. Ausgangspunkt der Erzählung ist die junge New Yorkerin Hannah (Maria Schrader). Als deren Mutter Ruth (Jutta Lampe) sich ganz in den jüdischen Glauben zurückzieht und ihrer Tochter die Heirat mit dem Nicht-Juden Luis untersagt, sucht Hannah die Gründe in der Vergangenheit ihrer Mutter und reist nach Berlin.

In Rückblenden wird erzählt, wie Ruth als Kind von Lena Fischer (Katja Riemann) gerettet wurde. Sie lernten sich in der Rosenstraße kennen, wo Lenas Mann Fabian (Martin Feifel) und Ruths Mutter Miriam (Lena Stolze) einsaßen – letztere, ohne wieder freizukommen. So lebte Ruth auch nach dem Krieg bei Lena und Fabian, bis sie von Verwandten nach New York geholt wurde. Ihre Tochter Hannah nun gibt sich als Journalistin aus und spricht mit der 90-jährigen Lena Fischer tagelang über die damaligen Ereignisse. Ineinandergeschoben sind Bilder aus dem heutigen New York, dem heutigen Berlin und aus jenem von vor fast 60 Jahren – Zeitebenen, die auch optisch und akustisch voneinander abgegrenzt werden.

Der Film widmet sich vor allem der Geschichte Lena Fischers, die aus adligem, parteitreuen Elternhaus stammt, das sie seit ihrer Hochzeit mit dem jüdischen Musiker Fabian ächtet. Lenas Bruder Arthur (Jürgen Vogel), ein hoher Beamter, unterstützt allerdings das Paar. Und genau an dieser Stelle stellt sich der Film ein Bein. Von Trotta lässt Lena aus Liebe zu ihrem Mann und mit dem Mut der Verzweiflung mit Propagandaminister Goebbels ins Bett gehen. Das gibt natürlich schöne Bilder: die insgeheim ärmlich lebende Adlige, die sich in die geliehene Robe wirft, gesellschaftlich brilliert und sich dann von ihrem Bruder entkleiden lässt, unter Tränen, bevor der Minister die Räume betritt. Dass die Sache in der Rosenstraße ein gutes Ende nimmt nach dieser Aktion, lässt die zentrale These des Films – Widerstand war möglich, sofern nur genügend Menschen sich solidarisierten – ein wenig verpuffen. Mit diesem erfundenen Detail opfert der Film seine Botschaft einer Dramaturgie, für die der Begriff sexed up tatsächlich passt.

Grandios ist Doris Schade als greise Lena Fischer, hier stimmt jeder Ton: eine Figur, die menschlich ist und sich jederzeit das Geheimnis bewahrt. Jürgen Vogel hingegen als blonder Wirbelwind vor dem Krieg und statuarischer gebrochener Krüppel danach ist ebenso holzschnittartig inszeniert wie Jutta Lampe als unmenschlich starre Trauernde. Katja Riemann ist gerade in ihrer Abgrundlosigkeit und mit ihrem exzellenten Handwerk gut besetzt, und Maria Schrader scheint in ihrer Rolle wie üblich sie selbst zu sein, was durchaus abendfüllend ist und insofern eine individuelle Stärke hat. Martin Feifel als Lenas jüdischer Gatte Fabian wiederum – ihn wünschte man sich dringend öfter auf der Leinwand. Insgesamt besticht der Film vor allem atmosphärisch und mit seinem Sinn für historische Details.

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