Kritik zu Petting Zoo

© Peripher Filmverleih

Schwanger in Texas: Micah Magees Langfilmdebüt erzählt mit der Bildstärke einer ambitionierten Fotoserie von einer 17-Jährigen, die durch eine ungewollte Schwangerschaft die mühsam erarbeitete Unabhängigkeit wieder zu verlieren droht

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Nur zwei Mal begegnet die 17-jährige Layla in »Petting Zoo« ihren Eltern. Beim ersten Mal trifft sie sich mit ihnen in einem Café, quasi auf neutralem Boden. Doch die Situation eskaliert trotzdem. Sie, die ungewollt schwanger geworden ist, braucht die Einwilligung ihrer Eltern für die Abtreibung. Für den religiösen Vater kommt das nicht infrage. Er erwartet, dass Layla das Baby bekommt und wieder in ihr altes Zimmer zieht. Als sie sich dem widersetzt, verliert ihr Vater die Fassung und schreit sie in aller Öffentlichkeit an.

In diesem Augenblick wird auf schmerzliche Weise offenbar, warum es der Teenager zu Hause nicht mehr ausgehalten hat. Alles ist besser als ein Leben mit diesem tyrannischen und bigotten Vater. Später wird sie ihm noch einmal nach einem Trauergottesdienst begegnen. Obwohl sie gerade ihre Großmutter verloren hat, gönnt ihr Vater Layla nicht ein Wort. So weit reicht die christliche Nächstenliebe dann doch nicht. Die von Devon Keller gespielte Layla bleibt in diesem Moment wie auch sonst meist ganz ruhig. Kaum etwas verrät, wie schwer sie das Verhalten ihres Vaters in Wirklichkeit trifft.

Layla hat sich mit einem Nebenjob in einem Callcenter durchgeschlagen und zuletzt bei ihrem Freund, einem ziellos vor sich hintreibenden Kiffer, gelebt. Es war ihr gelungen, ein begehrtes Begabtenstipendium für die Universität in Austin zu bekommen. Doch mit der Schwangerschaft droht diese einmalige Chance, die enge, von Armut und christlichem Dogmatismus geprägte Welt ihrer Heimatstadt San Antonio hinter sich zu lassen, zu verpuffen. Bis dahin hatte Layla ihr Leben zunehmend selbst in die Hand genommen. Jede ihrer Entscheidungen zeugte von der Sehnsucht, einen eigenen Weg zu finden, sich weder von ihren Eltern noch von ihrem Freund gängeln zu lassen. Aber mit der Schwangerschaft scheint sie die Kontrolle über ihr Leben wieder zu verlieren.

»Petting Zoo« weckt Erinnerungen an die ersten US-amerikanischen Independent-Filme der späten 50er und 60er Jahre. Radley Metzgers »Dark Odyssey« und John Cassavetes' »Schatten« haben in Micah Magees Erstling ebenso ihre Spuren hinterlassen wie die frühen Arbeiten Stanley Kubricks. Wie ­Kubrick nähert sich auch die aus San Antonio stammende Filmemacherin dem Kino mit dem Auge einer Fotografin. Laylas Geschichte folgt eben nicht dramaturgischen Konventionen. Sie entwickelt sich von einer Einstellung zur nächsten.

Magees Film gleicht einer Fotoserie, die das Leben eines Teenagers im texanischen San Antonio dokumentiert. Jedes Bild kann für sich stehen und erzählt auf seine Art eine ganze Geschichte. Die Dramatik des Geschehens, das einem ruhigen Fluss gleicht, liegt also vor allem in den einzelnen Einstellungen, die Magee und ihr Kameramann Armin Dierolf ungeheuer exakt und dabei doch ganz unaufdringlich komponiert haben.

Es ist gar nicht nötig, dass die beiden zeigen, wie Layla von dem Geschäftsführer des Diners, in dem sie schließlich einen Job gefunden hat, rausgeworfen wird. Es reicht schon, zu sehen, wie sie dasitzt und sich anhören muss, wie er eine Litanei von Beschwerden herunterrasselt. In dieser Einstellung ist das Gesicht des Geschäftsführers nicht zu sehen, nur sein Bauch und sein Gürtel. Er steht im Vordergrund, Layla sitzt etwas versetzt hinter ihm. Er blickt nicht einmal zu ihr. So kann er sich der jungen Frau entledigen, ohne sich mit ihr auseinandersetzen zu müssen. In der Welt, die Micah Magee völlig nüchtern, ohne Wut, porträtiert, sind Menschen wie Layla kaum mehr als Objekte. Sie sollen funktionieren. Und wenn sie das einmal nicht können, dann gibt es immer jemanden, der ihren Platz einnimmt. Es ist ein erschreckendes Bild, das »Petting Zoo« von Texas zeichnet. Aber Laylas stoisches Verhalten, ihre bemerkenswerte Fähigkeit, auszuharren und zu warten, bis sich eine Gelegenheit bietet, selbstbestimmt zu handeln, ist eine wunderbare Form des Widerstands. Trotz all der Rückschläge und Enttäuschungen, die der Film protokolliert, steht am Ende die Hoffnung, dass es doch immer noch einen Ausweg gibt.

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