Kritik zu Computer Chess

© Rapid Eye Movies

Andrew Bujalski setzt der Frühzeit des Computerprogrammierens ein bizarr-unterhaltsames Denkmal in Schwarz-Weiß

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3.5
3.5 (Stimmen: 2)
Das Problem der Paarbildung ist für Computernerds zunächst nur ein theoretisches. Irgendwann, sagt einer der Informatiker in Andrew Bujalskis retroverliebter Farce Computer Chess, würden Computer zur Partnervermittlung eingesetzt. An die einzige Frau in der Runde richtet er die Frage, wie ihre Strategie in dieser Hinsicht aussehe. Die zuckt nur mit den Schultern. Bujalskis Film spielt im Jahr 1984. Die meisten Dinge, die man heute wie selbstverständlich mit dem Computer anstellt, waren damals noch reine Utopie. Zum Beispiel, ihn mit sich herumzutragen. In der Frühzeit des Computerzeitalters basierte der Fortschrittsglaube auf kühlschrankgroßen Rechenmaschinen, die kaum von der Stelle zu bewegen waren. Die Rechnerleistung hingegen verhielt sich zum Gewicht ähnlich wie bei Dinosauriern: viel Masse, wenig Gehirn. Daraus bezieht der Film beträchtlichen Witz.
 
Er berichtet aus jener seltsamen Zeit, als die Idee, dass Computer einmal den Menschen ablösen könnten, noch ein Schreckpotenzial besaß, mit dem die Informationswissenschaft lustvoll spielten. Auf einer Konferenz von Schachcomputerprogrammierern etwa, wo im sportlichen Wettkampf (Computer gegen Computer) das beste Programm gekrönt wird. Die Versammlung ist illuster, nicht nur hinsichtlich des hohen Aufkommens an Hornbrillen, Schnauzbärten und gestreiften Hemden. Eine andere Gefahr war allerdings schon damals greifbar: dass das Pentagon Interesse zeigen könnte. Ein Treffen mit dem »militärisch-industriellen Komplex«, munkelt man, sei der Grund, warum der IT-Guru Tom Schoesser die Konferenzteilnehmer auf sich warten lässt.
 
Dabei könnte die Vorstellung, dass Schachprogramme irgendeinen praktischen Wert für das Militär hätten, auch dem Wahnsinn geschuldet sein, der in Bujalskis Film langsam um sich greift. Das Tagungshotel wird von einer unerklärlichen Katzenplage heimgesucht, zudem hat sich eine Selbsterfahrungsgruppe eingemietet, deren Guru mit symbolischer Wiedergeburt Kontakt zum innersten Selbst herzustellen versucht. Die Interaktion dieser beiden gegensätzlichen Welten sorgt unter den steifen Mathematikern, die zur Sinnlichkeit des menschlichen Körpers ein gespanntes Verhältnis haben, für Verwirrungen. Nach der freundlichen Annäherung eines älteren Swinger-Ehepaares ergreift der Assistent Schloessers überstürzt die Flucht.
 
Verbindungen, technische wie menschliche, erweisen sich in Computer Chess als größte Hürde. Das galt schon für die frühen Filme Bujalskis. Hier hat der »Mumblecore«-Pionier allerdings eine formal überzeugende Metapher für die Anschlussunfähigkeit seiner Figuren gefunden: Er hat seinen Film auf einer historischen U-Matic-Videokamera gedreht, in Schwarz-Weiß. Die Schwerfälligkeit der Technologien unterstreicht die Hilflosigkeit der bizarren Eskapaden. Die Protagonisten von Computer Chess sind nicht nur in der Welt verloren, sondern auch in den Aufzeichnungsmedien.

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