Kritik zu Cinderella

© Disney

Kenneth Branagh verfilmt das Aschenbrödel-Märchen mit sichtlich teurem Aufwand, aber auch mit viel Liebe zur romantischen Opulenz und einer strahlenden Lily James in der Hauptrolle

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Es gibt Künstler, die behaupten, weniger sei mehr. Kenneth Branagh gehört nicht dazu. Sein neuer Film Cinderella beweist vor allem eins: Nur mehr ist wirklich mehr – zumindest wenn es um die Verfilmung eines Märchenklassikers geht. Mehr Kostüme, mehr Wälder, mehr Schloss, mehr Ball, mehr rote Wangen, mehr Blau in den Augen des Prinzen: Der Film badet so lustvoll in der inszenatorischen Übertreibung, dass alle Kitschvorwürfe an ihm abperlen wie Regen in der Werbung für eine Goretex-Jacke.

Im Grimm’schen Märchenkatalog gehört Aschenputtel auch heute noch zu den Topsellern sowie zur narrativen Ursuppe, an der sich Hollywood immer wieder gerne nährt. Was wären – um nur eines von vielen Beispielen zu nennen – Richard Gere und Julia Roberts in Pretty Woman ohne die popkulturelle Rückendeckung Cinderellas? Nicht mehr als ein Banker und eine Dirne. Der Aschenbrödel-Mythos hat sogar den Kalten Krieg unbeschadet überlebt. Während im Westen der Disney-Zeichentrickfilm von 1950 stilprägend wurde, erlangte im Osten die deutsch-tschechoslowakische Koproduktion Drei Haselnüsse für Aschenbrödel von Václav Vorlíček Kultstatus. Jeder ehemaligen DDR-Bürgerin (und deren Nachkommen) entweicht bei der Nennung allein des Filmtitels immer noch ein unwillkürlicher Seufzer.

Seufzen, das darf man auch in Kenneth Branaghs Cinderella nach Herzenslust. Für die Hauptrolle wurde Lily James unter Vertrag genommen, die nach dem tragischen Ableben von Lady Sybel als neues Ober-Sweetheart in die TV-Serie Downton Abbey einzog. Man kann sich Aura-technisch keine bessere Meisterin des positiven Denkens vorstellen, das Cinderella sich trotz aller Anfeindungen seitens der bösen Stiefmutter (Cate Blanchett) und deren blöden Töchtern (Sophie McShera, Holliday Grainger) bewahrt. »Be kind and have courage«, lautet das Mantra der Heldin, das sie vom verstorbenen Vater mit auf den Weg bekommen hat. Beides kann das tapfere Kind im Mobbing-Alltag gut gebrauchen, auch wenn es ihm in Branaghs Märchenversion erspart bleibt, die Linsen aus der Asche zu lesen.

Aber bald schon kommt die Belohnung für das erlittene Leid durch den sonnenbeschienenen Wald geritten. Der Prinz von heute (Richard Madden) versteht sich weniger als Retter eines wehrlosen weiblichen Wesens, sondern vornehmlich als wahrhaft Liebender, der alle Steine, die ihm in den Weg zum Glück gelegt werden, beherzt beiseiteräumt. Dabei begegnen sich die zukünftigen Eheleute auch in romantischen Rauschzuständen auf Augenhöhe. Aber keine Angst, dies ist keine politisch korrekt ausgelegte Modernisierung des Stoffes, sondern eine Verfilmung, die sich aufs Schwelgen versteht. Allein das Meer an Kostümen, das Branagh und seine dreifach oscarprämierte Kostümdesignerin Sandy Powell in der Ballszene vor die Kamera holen, bezeugt das großzügige Budget, aber auch die Liebe zur Opulenz, mit der hier gearbeitet wurde.

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